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Tanz auf dem Vulkan!1
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Tanz auf dem Vulkan

*****cat Paar
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Tanz auf dem Vulkan
Wir schreiben das Jahr 1924, die Verträge von Locarno und Rapallo haben Deutschland nach dem Krieg wieder auf die Weltbühne zurückgebracht und dank eines weltweit einsetzenden konjunkturellen Aufschwungs und fließender amerikanischer Kredite macht sich eine allgemeine Aufbruchstimmung breit.
Vor allem in Berlin trifft jedoch auch das Elend der Armen auf den verschwenderischen Lebensstil der Haute-Volée .
Durch den seit dem Krieg herrschenden Frauenüberschuss erobern sich Frauen neue Berufsfelder. Einengende Korsetts weichen fließenden Kleidern, die Röcke werden kürzer und die Taille rutscht nach unten. Lange Haare werden vom Bubi-Kopf ersetzt. Sie rauchen erstmals in der Öffentlichkeit, mit Vorliebe mit langen Zigarettenspitzen, was den Frauen einen mondänen Anstrich gibt. Zur Abendgarderobe gehören Federboa und Perlenketten, Stirnbänder und Handtaschen.
Unter dem Eindruck dieses Aufschwungs blüht die Berliner Kultur- und Kunstszene auf. Alfred Döblin veröffentlicht sein „Berlin Alexanderplatz“, Käthe Kollwitz befasst sich künstlerisch mit dem Elend der Hinterhöfe, Kurt Tucholsky schreibt für die „Weltbühne“ gegen Militarismus und rechte Strömungen an, Max Reinhardt baut seine beiden Theater am Kurfürstendamm, in „Clärchens Ballhaus“ hat Heinrich Zille seinen Stammplatz neben der Theke und zeichnete „sein“ Berlin.
Künstler und Literaten, wie Erika und Klaus Mann, Gerhard Hauptmann, Max Liebermann oder Ernst Toller flanieren über den Ku'damm oder treffen sich im „Romanischen Café“ in Charlottenburg.
/

Hier treffen wir Jakob Hinkelmann, seines Zeichens Regisseur, der mit dem Produzentenehepaar Georg und Henriette von Loewenstein zusammensitzt. Jakob gönnt sich einen Gin-Sour, während seine Feunde ihre Martinis genießen.
Die drei kennen sich schon einige Jahre und Georg möchte mit Jakob in nächster Zeit wieder einmal ein Filmprojekt realisieren.
Während sie so über das Zeitgeschehen philosophieren und darüber sinnieren unter welches Motto sie den Film stellen wollen, hat Henriette die zündende Idee.

„Wir drehen unter dem Motto :

Tanz auf dem Vulkan
Luxus, Lichtspiel, Literaten

Die Männer sind begeistert und beginnen sofort ihre Überlegungen zu Drehbuchautor, Darsteller und allem anderen, was man für einen erfolgreichen Film benötigt. Amouröse Verwicklungen und Verstrickungen eingeschlossen...


Wir danken dem Orga-Team

für das tolle Thema und den Traumwebern für diesen Text, der nun diese Geschichte einläuten wird....
*****cat Paar
42.171 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Drehbuch...
In diesem Beitrag werden die einzelnen Protagonisten eingepflegt.

Akteure im Tanz auf dem Vulkan | Stand 29.03.2017
NikkFfm von der Künstleragentur /Besetzungscouch

Akteure und ihre Autoren

Jakob Hinkelmann DieTraumweber
seines Zeichens Regisseur, 38 Jahre alt, 1,89 Meter groß, schlohweiße schulterlange Haare, katzengrüne Augen. Hat schon vor dem Krieg erotische Filme in Wien gedreht. Hat im Lazarett Georg von Loewenstein kennengelernt und Freundschaft mit ihm geschlossen.

Georg von Loewenstein DieTraumweber
war kein im klassischen Sinne schöner Mann. Von eher gedrungener Gestalt, war er ein paar Zentimeter kleiner als Henriette, sein Haupthaar hatte sich bereits frühzeitig von dem ihm angestammten Platz verabschiedet, er trug Augengläser, die ihn wie einen ihrer Professoren der Universität aussehen ließen, und er war zudem etliche Jahre älter als die heißblütige Csárdás-Fürstin, der er sich mit einem schlichten „Gestatten, von Loewenstein!“ vorgestellt hatte. Im Jahr 1869 in der preußischen Hauptstadt geboren, entstammte er einer im frühen 18. Jahrhundert in den Adelsstand erhobenen Bankiersfamilie.

Henriette von Loewenstein DieTraumweber
Anfang vierzig, großgewachsen und gertenschlank, mit einem schwarzen Bubikopf und, wie immer, wenn sie mit Georg ins „Romanische Café“ ging, nach der neuesten Mode gekleidet, entstammte einer Nebenlinie des ungarischen Adelsgeschlechts der Esterházys, war 1881 in Budapest zur Welt gekommen, dort aufgewachsen und zur Schule gegangen. Schon als Mädchen hatte sie den Wunsch verspürt, später einmal Ärztin zu werden, und so hatte sie ihren Vater nach der Matura gebeten, in Wien studieren zu dürfen, nachdem die dortige Universität 1897 erstmals Frauen überhaupt zugelassen hatte und ihnen seit dem Jahr 1900 auch ein Studium an der Medizinischen Fakultät offenstand.

Ilse Schmidt wolfscat
Bühnengestalterin, Anfang 30, einige Erfahrung bei der kreativen Gestaltung der Bühnen am Theater. Bewirbt sich als Bühnenbildnerin beim Film.

Franz wolfscat
Berliner Urgestein, "Mädchen" für alles... Mischt sich überall gern ein und weiß mehr als einige ahnen.

Ida Stanglmaier mariediv
süße 24, geboren in Dingolfing, aufgewachsen und erste Stellung in Würzburg, einjähriger Sohn (bei ihren Eltern aufwachsend), nicht verheiratet, aber verliebt in Wilhelm, einen Würzburger Studenten aus gutem Hause, Vater ihres Sohnes. Kleine 1,50 m, schlank, haselnussbraune Augen und braune, in Wellen gelegte, kinnlange Haare. Arbeitet seit 1,5 Jahren bei ihrem Bruder in der Kneipe. Liebt Kinofilme, Tanzen gehen, Männer und schnulzige Romane.

Harald Haberkuck alias Harry Havenspot Walhorn
Enkelsohn deutscher Auswanderer. Geboren und aufgewachsen in New York City. Schlank, gepflegt, mittlere Statur, grünbraune Augen, schwarze Haare. Lange Zeit Berufsbarkeeper im "Hotel Astoria". Mit 44 kommt er 1924 nach Berlin, weil in Amerika die Prohibition herrscht und die Arbeit in den Speak Easys zu gefährlich geworden ist. Seine Schwester Bertha blieb an der Lower East Side in New York City. Smart und selbstbewusst, kein Kind von Traurigkeit, den Damen zugetan. Immer dabei: sein brauner, kleiner Handlederkoffer mit professionellem Barequipment, seinem Arbeitswerkzeug.

Oskar Kowalsky Walhorn
Ein äußerst charmanter Berliner Original. Mit frecher Schnauze und wachen, strahlend blauen Augen, blonden, strubbligen Haaren, von schlanker aber kräftiger, mittelgroßen Statur. Kleinganove, Gelegenheitsarbeiter, Bohème. Literaturliebhaber. Geboren und aufgewachsen in Berlin-Pankow. Kind der Großstadt. Kennt jeden, weiß alles an Neuigkeiten. Es gibt nichts, was Oskar nicht besorgen oder organisieren kann. Er ist sehr beliebt. Auch in den höheren, gebildeten und monetären Kreisen. Aus seinem Alter – irgendwo zwischen Mitte 20 und Anfang 30 – macht er ein Geheimnis. Markenzeichen: Schiebermütze und auffallend schrill-bunte Westen, von denen er einen großen Fundus besitzt. Auf seinem NSU-Moped, die Möhre genannt, in ganz Berlin unterwegs.

Grete Zeller Nina_de_Wynter
süße 18 Jahre alt, stammt aus Oberschlesien und ist aufgrund ihrer familiären Umstände früh erwachsen geworden. Grüne Augenfarbe, Zofe von Beruf und hat keine Lust mehr auf Provinz. Von schlanker fraulicher und hochgewachsener Gestalt, zieht sie die Blicke sowohl interessierter Männer als auch Frauen auf sich, mit blondem, langem Haar, welches sie im Dienst meist hochgesteckt, in der Freizeit aber offen trägt. Zu Beginn in Berlin noch schüchtern, doch dann getrieben von Lebenshunger blüht sie in der freien Atmosphäre der Berliner Künstler- und Bohemian-Szene auf. Sie ist neugierig auf alles Neue, möchte die Grenzen eines beschränkten Denkens überwinden und sucht wahre Freiheit. Dabei kommt es ihr zugute, dass sie äußerst anpassungsfähig ist und schnell lernt.

Ruth Fuchs RotfuchsAusL
junge Witwe, Mitte 30, ihres Zeichens Modistin mit eigenem Salon auf dem KuDamm, verbringt ihre wenige freie Zeit gern im "Romanischen Café". Noch hat sie es nicht ins "Becken der Schwimmer" geschafft, aber sie arbeitet dran. Für einen der nächsten Abende ist sie mit einem charismatischen, älteren Schauspieler verabredet... *ungeduldig*

Felix Hausner Black_Curiosity
36 Jahre alt, 1,80 groß, blaue Augen, braune Haare, meist unauffällig aber gut gekleidet. Betreibt am Filmset eine kleine Imbissecke, an der sich Schauspieler und andere Beteiligten verköstigen können. Die Sitzbänke bieten allen Gelegenheit, sich mehr oder weniger vertraulich auszutauschen. Natürlich bekommt Felix dadurch recht gut mit, wer mit wem und was und überhaupt. Immer ein offenes und verständnisvolles Ohr besonders für die Damen. *troest*

Johann Hinrich Buttfaaken sunnyday42
Erblickte vor 28 Jahren Mitten in der Hamburger Vierlande das Licht der Welt. Dank seiner schnellen Auffassungsgabe hat er es trotz seiner Herkunft bis zum Unteroffizier geschafft und besondere Aufgaben im Dienste des Generalstabs im Schleswig-Holsteiner Pionier-Bataillon Nr. 9 während des Krieges wahrgenommen. Nach dem Krieg machte er im Hamburger Kiez einschlägige Erfahrungen mit den Transport-und Verkaufswegen diverser berauschenden Substanzen.

Anita Berbert Nina_de_Wynter
Ihres Zeichens erfolgreiche Schauspielerin der Stummfilmära und Tänzerin in ihren Zwanzigern mit zweifelhaften Ruf. Stand einem zeitgenössischen expressionistischen Maler nackt Modell, was den Skandal um sie noch weiter anheizt. Keine erotische Spielart ist ihr fremd, sie ist tolerant, experimentierfreudig und eifersuchtsfrei. Ihr kurzes Leben ist geprägt von Exzessen, sie trinkt mindestens eine Flasche Cognac am Tag und raucht Kette. Besonders zugetan ist sie ihrer Geliebten Susanna W. und ihrem Liebhaber, dem Regisseur Richard Osward.

Richard Osward Nina_de_Wynter
Alter: um die vierzig Jahre, Beruf: Regisseur vieler erfolgreicher Filme (erst Stumm-, später auch Tonfilme), darunter auch Sitten- und Aufklärungsfilme nach dem ersten Weltkrieg, in denen er sich tabuisierten Themen wie z. B. der Homosexualität widmet. Ein charismatischer Lebemann, der zwar verheiratet, aber getrennt lebend ist und damit vom Ruf her ebenso skandalös wie Anita Berbert daherkommt. Er lässt sich keine Gelegenheit entgehen, schöne Frauen in seinen Bann zu ziehen und zu erobern.

Günter Stanglmaier mariediv
40, kräftige 1,80, dunkle Augen, schwarze wellige Haare, schraubte im heimatlichen Dingolfing bei der Hans Glas GmbH Landmaschinen zusammen, bis ihm das zu langweilig wurde. Durch eine kurze Anstellung bei einer Brauerei in Berlin hängen geblieben bei seiner Frau Friederike, genannt

Friedel Stanglmaier mariediv
39, üppige 1,70 m, ohne Verständnis für die jetzt modernen kurzen Haare, trägt ihre leicht rötlich schimmernden immer noch aufgesteckt. Ist eine früh verwaiste Wirtstochter, echte Berlinerin mit dem Herz auf dem rechten Fleck, aber kann das gut verstecken. Liebenswert, begehrenswert, dankbar, Kumpel und Geliebte, perfekt. Nur auf ihre Schwägerin Ida reagiert sie leicht zickig.

Nola Neuländer anima_nyx
Geboren als Eleonora Ernestine Neuländer in Kreuzberg und Tochter eines jüdischen Kaufmanns für Sanitätswaren und einer Modistin. Sie ist eine 24-jährige, rassig dunkle Schönheit mit ausdrucksvollem Gesicht und überraschend hellen, grünen Augen, überbordender Energie und einem unbedingten Freiheitsdrang. Eher groß mit ihren 1,67, schlank, mit langem, leicht gelocktem Haar. Im Atelier ihrer Mutter lernte Nola das Handwerk von der Pike auf, entwickelte ein besonderes Auge für Mode, Kostüm und Inszenierung und entdeckte, nachdem ihr Vater ihr einen Balgenapparat schenkte, früh Fähigkeiten vor und hinter der Kamera. Ihre Fotografenausbildung machte sie im Portraitatelier Badekow am Ku’damm. Sie hat eine kleine Theaterrolle im Blauen Vogel, versucht sich als Schauspielerin, Tänzerin im Kabarett und als Lichtkünstlerin an der Kamera, womit sie erste Erfolge verzeichnen kann und bereits in der Berliner Illustrirten Zeitung und in anderen Magazinen des Verlages von Leopold Ullstein publiziert. Sie ist einfühlsam, willensstark und hat Talent – auch dazu, sich gewaltig in die Nesseln zu setzen.

Sasha Stein anima_nyx
Eigentlich Alexander Sergejewitsch Steinsatir. Ein 29-jähriger staatenloser Kosmopolit russischer Provenienz, der zunächst in die USA emigrierte und schließlich Bildhauerei in Paris studierte, wo er mit den Dadaisten in Berührung kam. In Berlin beginnt 1924 seine Karriere als Fotograf und Collageur. Ihn verbindet eine enge Freundschaft mit Nola Neuländer – und eine immer wieder aufflackernde, furiose Liaison – sowie mit Walter Benjamin, für dessen Buch „Einbahnstraße” er 1928 den bemerkenswert markanten Umschlag gestalten wird. Mit Nola teilt er zudem das professionelle Interesse: Sie publizieren beide in Berliner Magazinen und Sasha ist der einzige, der sie fotografieren darf. Seine Portraits und Aktfotos von Nola sind Kunstwerke. Er ist groß für die Zeit, dunkelhaarig mit fast schwarzen Augen, denen nichts entgeht, stets elegant und etwas exzentrisch gekleidet. Sein Lachen ist rau und so ansteckend wie seine Begeisterungsfähigkeit.

Rudolf Garnheim anima_nyx
1904 mitten in Berlin am Alexanderplatz geboren und in Charlottenburg in der Nähe des Lietzensees aufgewachsen. Sein Vater besitzt eine kleine Klavierfabrik. Seine Mutter interessiert sich für bildende Künste, Musik und Literatur, spricht Französisch und Italienisch, was für Rudolf ebenso prägend werden sollte, wie seine Zeit am Herder-Reform-Realgymnasium, wo er Theaterstücke mitinszenierte und auch als Schauspieler auftrat. Der Vater hätte ihn gerne in seinem Geschäft gesehen, doch Rudolf wollte an die Universität, wo er Psychologie, was zu jener Zeit noch ein Teil der Philosophie ist und die Nebenfächer Kunst- und Musikgeschichte studiert. Im Psychologischen Institut der Universität Berlin wird er Teil der „Brutstätte der Gestaltpsychologie”. Er beginnt neben seinem Studium für Zeitungen und Zeitschriften zu schreiben und will unbedingt Filmkritiker werden. Er ist ein junges Gemüse mit seinen gerade mal knappen 20 Jahren, aber gewitzt und klug. Nola findet seinen jugendlichen Charme, sein Lächeln und die sprachliche Schärfe, die seinem schönen Mund entschlüpft, geradezu unwiderstehlich.

Billie Wildert Walhorn
18-jähriger Jungspund von kleiner Statur, Skandalreporter, frisch entlassen bei der Wiener Tageszeitung "Die Stunde", und derzeit als Eintänzer im Grand Hotel "Esplanade" beschäfigt. Kommt mit Harry, dem Bartender aus New York, in Kontakt und durch ihn an ausgefallene Drinks & Cocktails. Dass er in fernen Zeiten zu einem der berühmtesten Drehbuchautoren und Regisseuren avancieren wird, weiß der junge Mann noch nicht. Unübersehbar blitzt aber schon jetzt sein Talent und eine gewisse Beliebtheit hervor.

Emil Berliner678
Nicht zu jroß, dunkelblonde Haare, Muskeln (uff Emils Bauch kannste Wäsche waschen *zwinker*). Der Älteste von acht Jeschwister, wohnt in nem typisch‘n Berlina Mietshaus nich weit weg vom Clärchens Ballhaus in zwee Zimma mit seena Mutta und seenen Brüdern und Schwestern. Verdingt sich als Zeitungsjunge, möchte in Oskar Kowalskys Fußstapfen treten.

Paul Margus Victor_del_Vega
Ein junger Schöngeist aus Beeskow, als angehender Journalist gerne in der Kunst- und Filmszene unterwegs. Nennt ein luxuriöses Refugium im bayrischen Viertel Berlins sein eigen. Die Banklehre, die er auf Vaters Geheiß einschlug, öffnete ihm bald die Türen zu den Kreisen in denen er sich gern bewegte und zu denen er sich hingezogen fühlte. Erfreut sich der Gunst Anita Berbers.

Helene Wimmer DieTraumweber
1,65 m groß, brünett, katzengrüne Augen, noch sehr schüchtern. Cousine von Jakob Hinkelmann. Aus einem Dorf nahe Wien nach Berlin geschickt um den Beruf der Regieassistentin zu erlernen. Wohnt zurzeit bei Georg und Henriette von Loewenstein und hilft dort als Hausmädchen. Feiert bald ihren 21ten Geburtstag.

Susanna „Susu” Wannowski IntoTheWild63
Die aparte Schönheit entdeckte vor einigen Jahren ihre Liebe zu Frauen und verließ daraufhin ihren Ehemann Bertolt, Hauptkommissar bei der Berliner Polizei, um sich einen Traum zu erfüllen. Sie eröffnete das "La Garconne", das einzige Berliner Szene-Lokal nur für Frauen. Susanna ist etwa Anfang 30, von eher zarter Statur. Dem durchdringenden Blick ihrer blauen Augen entgeht nichts und niemand. Sie lebt mit Anita Berbert zusammen, deren Geliebte, Freundin und Managerin sie ist.

Hannah Huch anima_nyx
Eine kleine Zarte. „Dada-Baroness”, auch „Dadasophin” genannt. Ganz und gar quirlige Künstlerseele, die mit Collagen und Fotomontagen experimentiert, malt, zeichnet, Texte verfasst, schräge Puppen anfertigt und sich bereits einen Namen gemacht hat innerhalb der Avantgarde der vor allem linksliberalen Kulturszene. Sie ist den Frauen zugeneigt, hat aber auch immer wieder Affären mit Männern, die meist stürmisch sind und eher dramatisch enden. Sie hat ein herzförmiges Gesichtchen, himmelblaue Augen, lackschwarzes, kinnlanges Haar, ist stets mit exzentrischem Pflaumenblau auf den schönen Lippen und nicht selten in Schwefelgelb unterwegs. Sie liebt es, sich zu verwandeln, hat eine erstaunlich kräftige Stimme, ist überhaupt ein zähes, kleines Luder und verfolgt ihre Pläne – die zwar nicht immer jeder versteht – mit bestechender Energie. Ihre Vorliebe für Exotisches, vom Essen, den Frauen bis hin zu expressiven Farben, ist legendär. Wenn sie lacht, blitzen kleine Perlzähne und es ist schwer, sich nicht davon anstecken zu lassen.

Clara Herbst Kea2012
Mitte 20, schlank und zierlich, kastanienbraune, schulterlange Locken mit einem Stich ins Rötliche.
Neugierig, verspielt, mit feinen Antennen für erotische Situationen. Nach dem Abitur ist ihr die westdeutsche Kleinstadt, in der sie aufgewachsen ist, zu eng geworden und sie hat sich in das Abenteuer Berlin gestürzt. Ihr Traum: Schreiben! Hat erste journalistische Erfahrungen, will jetzt aber mehr. Liebt Sprache und Geschichten, hat aber mitunter ein Problem mit Autoritäten und Vorgesetzten…





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Wir bitten Euch, Euch selbst eine Figur, die in diesem Spiel mitwirken möchte, auszudenken und sie in das Geschehene zu verknüpfen.

Mögliche Rollen könnten sein:

Requisiteur/in, Regieassistent/in, Aufnahmeleiter, Drehbuchautor/in, Beleuchter/in, Produktionsassistent/in, Ausstattungsleiter/innen, Bühnenbild-Assistent/in, Maskenbildner/in , Kostümbildner/in, Bühnenbildner/in, Schauspieler/in, Komparsen, Bühnenmaler/in und Bühnenplastiker/in

Aber natürlich auch...völlig fremde Personen, die irgendwie auch an den Drehort müssen...


Bitte seid dabei so freundlich und sprecht Euch gegebenfalls ab, falls ihr für eine eigene Szene, andere Protagonisten mit einbezieht.

Ansonsten ist es sogar wünschenswert, dass durch neue Szenenrien diese Geschichte "interaktiv" wird.

Absprechen oder die Kommentare zu den Szenen bitte NICHT HIER posten, um den Verlauf nicht zu unterbrechen.
Dafür haben wir extra Kopfkino: Hinter den Kulissen... eröffnet....

Und nun..


Lasst Euer Kopfkino rattern, begebt Euch an den Drehort.
*****cat Paar
42.171 Beiträge
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Ilse
„Klack, Klack, Klack“, so hörten sich ihre Schritte auf den langen Holzbohlen an.
Ilse Schmidt hielt ihre Bewerbungspapiere eng an ihren Körper gepresst, während ihr Blick durch die riesige Halle streifte.

Im gläsernen Filmatelier standen große Lampen und große Gerätschaften, die Ilse nicht identifizieren konnte, Wände wurden hin und her geschoben, Männer kletterten auf Gerüsten herum und montierten dort irgend etwas. Einer Dame wurden vor einem großen Spiegel die Haare gebürstet.
Ein paar junge Frauen in luftig zarten Kleidern, Federboas und Perlenketten kamen ihr entgegen, schauten sie fast verächtlich von oben bis unten an, kicherten, stupsten sich gegenseitig an und die eine blies ihr beim Vorbeigehen Zigarettenrauch ins Gesicht.

Ilse wedelte den stinkenden Qualm beiseite.

´Ganz hinten rechts`, hatte er gesagt. Sie ging tapfer weiter.


Vor dem Tisch, an dem zwei Herren saßen, fragte sie leise: „ Jakob Hinkelmann?“
Abrupt drehten sich die beiden Männer um und schauten sie an und der eine blaffte gleich los: „Sind se ne Schauspielarin? Dann könn´se jleich in de Kostemierung jeh´n un sick n anderen Fummel übaziehn, wa?“ Ein strenger Blick des anderen Herrn rügte sein loses Mundwerk.

„Ich bin keine Schauspielerin. Mein Name ist Ilse Schmidt und ich bin Bühnengestalterin.“

„Bühnenjestaltarin? Is ja fast n bissken schade, wa, Chef?“ „Hast du nicht noch zu tun, Franz?“, fragte der andere Mann den Vorlauten. „Klar Chef, imma. Habe die Ehre“, sagte Franz, stand auf und eilte zur Requisite.
„Möchten Sie sich vielleicht setzen?“, bot nun der übriggebliebene Ilse den freigewordenen Platz an.

Ilse setzte sich und legte ihre Unterlagen auf den kleinen Tisch zwischen ihnen.

( kleine Inspiration : https://de.wikipedia.org/wik … e:Edison_Studio_Bronxbis.jpg ist zwar nicht in Berlin...aber so stelle ich es mir gerade vor)


„Darf ich?“, fragte der Herr mit einem charmanten Lächeln und griff nach ihren Unterlagen. Sie schob sie ihm anbietend entgegen. Er nahm die Mappe und blätterte in ihren Skizzen. Sie hatte schon einige Bühnen für die Theater in Hamburg gestaltet.
„Schöne Zeichnungen“, lobte er sie mit einem vibrierendem Bariton, der Ilse leicht nervös werden ließ.
Er hatte sich ihr immer noch nicht vorgestellt.
War er nun Jakob Hinkelmann- oder nicht?

„Bisher steht nur das grobe Konzept und es wird noch einige Absprachen geben. Kann ich die Mappe mit den Zeichnungen behalten?“ Sie beugte sich etwas unbehaglich nach vorn. „Sie bekommen sie alle wieder- versprochen. Ich müsste sie nur den Kollegen zeigen. Wo können wir Sie erreichen?“

„Ich“, sie errötete, „ich habe mir noch gar keine Bleibe gesucht- ehrlich gesagt.“

„Nun dann kommen Sie am besten übermorgen um vier Uhr noch einmal genau hier her. Dann bin ich auch wieder da und vielleicht gibt es bis dahin schon Neueres. Ich wünsche Ihnen noch einen guten Tag.“ Er reichte ihr die Hand und deutete damit unmissverständlich an, dass dieses Gespräch nun zu Ende sei.
Der Stuhl schabte laut auf den Dielen, als sie aufstand.

Sie ging nachdenklich wieder zum Ausgang zurück. Neben sich nahm sie eine andere Person wahr. „Na Kleene, allet jut? Malste uns nun die Kulisse? Oder wat habt ihr da abjemacht?“ Franz gesellte sich unaufgefordert zu ihr.
„Ich soll übermorgen wieder kommen, wurde mir gesagt. Das Konzept sei noch nicht fertig!“ „Dat is juut...dit wär schon janz juut, wenn wir wüssten, wie dat nun weiter jehen soll, wa?“
„Haben Sie vielleicht eine Ahnung, wo ich eine Pension oder ein Zimmer mieten könnte?“

„Franz!“, Franz hielt ihr seine Hand hin, „hier in da Filmbranche dutzen wir uns jewöhnlicherweise, dit macht vieles enfacher“. „Äh“. Sie griff nach seiner Hand, „Ilse!“ „Ilse, Bilse, keener willse..“, lachte Franz, "aber ick nehm dir doch!" und hakte sich einfach ein.
"Ick will noch auf´n Schlach in die Eckkneipe, ne Molle zischen jehn. Kommste mit? Vielleicht kann dir da eener n Tipp fürne Bleibe jeben“

Was blieb ihr übrig. Sie ging mit Franz mit.
****orn Mann
11.994 Beiträge
Harry - Intro
Hallo! Mein Name ist Harry Havenspot. Ein merkwürdiger Name, mögen Sie denken. Ich weiß. Aber ich kann nichts dafür. Die Einwanderungsbehörde auf Ellis Island in New York gab mir diesen Namen. Beziehungsweise meinem Großvater, als er vor 60 Jahren zusammen mit seiner Familie Deutschland den Rücken kehrte und sein Glück in der neuen Welt suchte. Er kam mit seiner Frau und den drei Kindern an einem kalten Februarmorgen in New York an und blieb dort bis zu seinem Tod. Eigentlich heißen wir ja Haberkuck. Aber das war dem Beamten damals zu schwierig, hatte mein Opa mir erzählt; als er dem Mann in gebrochenem Englisch erklärt hatte, was Haberkuck in etwa bedeutet. Da hatte der kurzerhand aus unserem Familiennamen ein Havenspot gemacht und anschließend den für uns so wichtigen und entscheidenden Stempel unter das Formular gesetzt.

„Hauptsache in Amerika!“, hatte mein Opa mir erklärt. „Was zählt schon der Name? Drin is drin!“ Sein Vorname Carl – mit „C“, da bestand er drauf – blieb ihm erhalten, doch bei mir zickten sie erneut herum bei meiner Geburtsurkunde und machten aus meinem schönen Vornamen Harald ein Harry. Tja. Was soll ich sagen? So bin ich also Harry. Harry Havenspot, anstatt Harald Haberkuck. So kanns gehen in Amerika. In der neuen Welt.

Opa hatte mir manch Gruselstory erzählt, wie es zuging, damals auf Ellis Island, einer Insel, die Millionen von Einwanderern zunächst als Auffanglager galt, und von dem auch viele gar nicht erst ins Land einreisen durften, sondern direktamente zurück geschickt wurden nach Europa, wo sie herkamen. Denn man musste Fragen beantworten. 29 an der Zahl, um genau zu sein. Völlig absurde und total alberne Fragen, über die ein gebildeter Mann, wie mein Großvater Carl es war, nur wütend drüber werden konnte, wie er mir gestand. „Aber was willst machen? Da waren Fragen bei wie: Wie viel ist eins und eins? Wie viel zwei und zwei?“ Meine Großmutter wurde gefragt: Wie putzt man Treppen? Von unten nach oben oder oben nach unten? Sie antwortete: Ich bin nicht nach Amerika gekommen, um Treppen zu putzen. Sie kam rein. Und mit ihr die ganze Familie. Meine Oma Hildegunde war eine schlaue Frau. Clever, hieß das auf Amerikanisch. Vielleicht war es auch ihr Vorname, wer weiß, sie hieß auf jeden Fall fortan Hildy in den USA. Opa fand das süß und Oma irgendwie auch.

Was nun mich betrifft, so fuhr ich eines Tages aus beruflichen Gründen nach Deutschland. Und zwar in die Geburtsstadt meines Großvaters. Nach Berlin. Warum ich das tat und wieso ich ausgerechnet 1933 zurück ging nach New York, das will ich Ihnen gerne erzählen. Meine Geschichte beginnt 1924, genauer gesagt am 5. Januar 1924. In meiner armseligen Wohnung an der Lower East Side in New York City, der verrücktesten Stadt der Welt. Was ich allerdings in Berlin erlebte, das ist eine ganz besondere Geschichte.

Früh am Morgen kam ich an jenem Datum nach Hause, und es hatte nicht viel gefehlt, und ich hätte mich in den East River geschmissen. Ich war am Ende. Fertig mit der Welt und mir selbst. Meine Schwester Bertha, so kann ich mit Fug und Recht behaupten, rettete mir damals das Leben, als sie mir zunächst einen Eisbeutel aufs zerschundene und zusammengeschlagene Gesicht legte und mich dann ins Gebet nahm.

© Walhorn, Januar 2017
*********ynter Frau
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Grete Zeller (Intro)
Grete Zeller stand mit gesenktem Kopf und vor Scham geröteten Wangen vor der Hausdame. Diese tobte und schrie sie fürchterlich an. Deren harschen Worte ob Gretes Unfähigkeit und Dämlichkeit, die kaum zu überbieten sei, erreichten zwar ihre Ohren, drangen aber nicht weiter in ihren Kopf. Zu oft schon hatte sie diese schmerzhafte Prozedur erlebt und blendete es einfach aus. Nicht nur hier, sondern auch in ihrem ehemaligen Zuhause in Oberschlesien, wo sie es der gemeinen Stiefmutter niemals hatte recht machen können. Von ihrem stets abwesenden Vater, der in den Kohlegruben untertage schuftete, war keine Hilfe zu erwarten und so war sie mit nur vierzehn Jahren davongelaufen und hatte ihr Glück in der prosperierenden Stadt Breslau gesucht.

Dort kam sie in einem vornehmen und für die Zeit sehr sozialen Haushalt unter und arbeitete zunächst als Küchenmädchen. Doch nur dreckige Töpfe schrubben, Kartoffeln schälen und Aufstehen inmitten der Nacht, um die Feuer zu entzünden, das war Grete zu wenig. Sie war sowohl klug als auch ehrgeizig und ihr Ziel war es, irgendwann als erste Kammerzofe zu dienen. Seidiges Haar zu bürsten, schöne Kleider und kostbaren Schmuck zu pflegen, den sie niemals ihr Eigen nennen würde, in den zarten Händen zu halten. Mit der Herrschaft auf Reisen in ferne Länder oder zur Sommerfrische an die Ostsee zu fahren – was für ein Traum für das einfache Mädchen vom Land!

Sie freundete sich mit dem ersten Stubenmädchen an, die ihr in den frühen Morgenstunden im trüben Licht einer einzigen Kerze das Feinstopfen beibrachte und sie in die Geheimnisse der Kleiderpflege einweihte. Bald konnte Grete das besser als die Hausdame selbst und stieg auf. Sie durfte im Angestelltentross der Hausherrin mit in die Hauptstadt, nach Berlin, reisen.
Was war das für die mittlerweile Achtzehnjährige für eine ungeahnte Welt!
Von selbst fahrende Straßenbahnen, motorisierte Droschken, die geradezu schockierende Freizügigkeit der Damenkleidung, die allgemein nur knapp das Knie bedeckte, Zigarette rauchende und unanständig stark geschminkte Frauen mit knabenhafter Frisur in der Öffentlichkeit, schneidige Burschen auf den Straßen, die ihr schamlos nachpfiffen. Sogar ein Kaufhaus, in dem man bereits fertig genähte Kleider für kleines Geld einfach so von der Stange kaufen konnte, ohne dass eine Schneiderin bemüht werden musste.
In ihren wenigen freien Stunden, in denen sie diese fremde Welt erkundete, staunte sie und entschied für sich, dass sie hier bleiben und nicht mehr zurück in die Provinz wollte. Mit Erlaubnis der Herrschaft und einem Empfehlungsschreiben wechselte sie in ihren jetzigen Haushalt.

Doch dort war sie nicht glücklich, nur Schikanen der eifersüchtigen Zofen. Dazu musste sie sich ständig der Annäherungsversuche der Dienerschaft erwehren, war sie doch so anziehend unschuldig und dabei hübsch anzusehen. Diese ganze Schimpferei nur, weil die Farbe des Stopfgarns eine Nuance von der des seidigen Lakens der Hausherrin abwich, die ständig überall ihre Zigarettenasche von der langen Spitze fallen ließ.
Es reichte ihr nun endgültig und Grete schrie unangemessen zurück, bot dem Hausdrachen die Stirn und verließ mit erhobenem Kopf das unfreundliche Haus. Die Konsequenzen indes, hatte sie leider nicht bedacht. Lebte sie nun mittellos auf der Straße und reihte sich in das Heer, der rechtlosen Tagelöhner ein. Es hätte schlimm mit ihr enden können, doch sie hatte Glück.

Im Haushalt der berüchtigten Tänzerin und Schauspielerin Anita Berbert suchte man händeringend eine Zofe. Die Dame war verrufen in der Stadt, galt sie doch als Femme Fatale und Bohemien. Kein anständiger Mensch wollte für sie tätig sein. Schließlich arbeitete sie nicht nur in einem verschrienen Beruf und lebte von ihrem Ehemann getrennt, sondern frönte auch noch offen und völlig ungeniert einer lesbischen Beziehung.
Grete war das im Grunde genommen egal, alles war besser als weiter auf der Straße und ihren Gefahren für Leib und Seele zu vegetieren. Einer versuchten Vergewaltigung war sie nur durch einen beherzten Tritt ins Genital des Angreifers und sofortiger Flucht entgangen.

Mit klopfenden Herzen betätigte sie die Klingel am Dienstboteneingang des herrschaftlichen Hauses, um sich der skandalösen Dame vorzustellen. Offensichtlich lebte man gut in diesem eher verachteten Beruf, dachte sie bei sich. Ein anzüglich grinsender Diener, dessen Augen mit dunklem Kajal geschminkt waren, führte sie mit seltsam geschwungenen Schritten und einer komisch betonten Sprache in den Salon.
Grete entgleisten für Bruchteile von Sekunden sämtliche Gesichtszüge ob des sich ihr bietenden Szenarios. Trotz ihres vor Aufregung hämmernden Herzens und einer zarten Röte auf ihren Wangen, fing sie sich sofort und parierte neugierig und äußerlich gelassen die sie anstarrenden provozierenden Blicke.

Was für ein Bild: Frau Berbert stand inmitten einer Schar gut gekleideter Herren, einem Maler splitterfasernackt und in äußerst anzüglicher Pose Model. Dabei wirkte die Dame so unaufgeregt und natürlich, dass es Grete fast den Atem nahm. Diese Frau lehnte am Kamin mit verführerisch leicht geöffneten und grellrot geschminkten Lippen, einem lasziven Blick und mit nur einem Hut auf dem Kopf.

Die Dame lächelte Grete beeindruckt zu und bat diese nicht nur näherzukommen, sondern ihr auch freundlicherweise den seidigen Kimono mit fremdartigen Zeichen darauf zu reichen, während einer der anwesenden Herren sich begeistert über diese unglaubliche Reaktion der hübschen, jungen Frau äußerte. Grete tat wie geheißen und fühlte sogleich eine tiefe Sympathie für diese Anita Berbert und den Herrn, den diese als den Regisseur Richard Osward vorstellte, mit dem zusammen sie gerade an einem äußerst skandalösen Film arbeitete, über den man sich noch lange erregen würde.

„ Junge Frau, wer auch immer Sie sind und weswegen Sie in dieses Haus kamen, vergessen Sie es!“, rief Besagter voller Elan aus.
„ Jede andere wäre auf der Stelle in Ohnmacht gefallen und es hätte einer starken Prise Riechsalz bedürft, um diese wiederzuerwecken. Sie dagegen sind mit ihrer Reaktion, ihrer ausdrucksstarken Mimik und diesem herrlichen Körper ein Naturtalent und gehören unbedingt auf Zelluloid gebannt. Ich sah alles in ihrem Gesicht: Überraschung, Abscheu, Furcht, Neugierde, sogar Lust und Verlangen. Und dass alles in wenigen Augenblicken. Spürte es und ihre Körperhaltung dabei – eine seltene Einheit mit ihren Gedanken.
Sehr wandlungsfähig. Großartig!
Ich kenne da einen Filmemacher, der noch dringend unverbrauchte Gesichter für ein filmisches Großprojekt sucht. Leider fehlen noch einige Geldgeber, insofern müssten Sie zunächst selbst für ihre Garderode sorgen. Doch ich denke, das wird Ihre geringste Sorge sein, nicht wahr?“
Er strahlte Grete gewinnend an
„ Aber von diesem Film wird die Welt reden, wenn er vollendet ist. Das verspreche ich und Sie können dabei mitwirken. So eine Gelegenheit, berühmt und reich zu werden, wird sich Ihnen nie wieder bieten! Also greifen Sie zu, meine Dame. Meine Karte.“

Sprach`s und reichte der verdutzten Grete ein goldverschnörkeltes kleines Papier samt einem galanten Handkuss. Er hielt dabei ihre zarte Hand einen Moment länger fest als es schicklich gewesen wäre. Dazu ein glühender Blick aus seinen Augen, der Grete unangemessen heiß zwischen ihre Schenkel fuhr.
Sie, die bislang nur die eher derbe Anmache einer ungehobelten Männlichkeit gewöhnt war, schmolz bei diesem Galan und den feurigen Blicken der Dame Berbert dahin und ihr kurzer Widerstand bröckelte rasant. Grete war verzaubert, sie blickte hilfesuchend zu Frau Berbert und diese nickte ihr aufmunternd zu.

Ohne weiter nachzudenken hauchte sie: „ Ja Herr Osward, ich bin zwar unerfahren in diesem Metier, aber gewillt alles zu tun und zu lernen, was nötig ist.“

Hätte sie nur gewusst, worauf sie sich da einließ.
**********osity Mann
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Felix Hausner (Intro)
Kaum war ein Film abgedreht, begannen am Set bereits die ersten Aufbauarbeiten für den nächsten. Felix mochte die Zeit zwischen den Filmen, denn da ging es doch ruhiger zu. Wenn Dreharbeiten in vollem Gang waren, konnte es vor seinem Imbissstand auch sehr turbulent zugehen.

Felix nutzte die Zeit, um Inventur zu machen, zu prüfen welche Bestände wieder aufgestockt werden mussten. Die Bänke, Tische und auch die paar Sessel waren in bestem Zustand.

Im laufe der Jahre hatte sich Felix einen guten Ruf erarbeitet, er verstand es immer wieder auch exotischere Speisen und Getränke bereitzustellen, die auch die verwöhnten Zungen der Berliner Filmszene zu schätzen wussten. Nicht sein gesamtes Angebt stand auch auf der Karte, aber wer unbedingt ein gewisses wermuthaltiges Getränk wünschte, nun, dem wusste Felix auch zu helfen.

Sein Ruf beschränkte sich aber nicht nur auf das Kulinarische, er war auch sehr diskret, und an seinen Tischen hatte er schon so manches Geschäft, so manche kreative Auseinandersetzung, aber auch so manche Beziehung kommen, und wieder zerbrechen gesehen. So mancher Dame hatte er dann auf Kosten des Hauses einen Kaffee serviert und ein offenes Ohr geboten.

Abends, nach Feierabend am Set, war er gerne seinerseits gerne Gast im Romanischen Café. Und so manches vertrauensvolle Gespräch, welches am Set an seinem Imbiss begonnen hatte, fand hier seine Fortsetzung...
****orn Mann
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Oskar – ein Groschen Neuigkeiten
Oskar Kowalsky war das, was man in Berlin gemeinhin einen Streuner nannte. Keiner wusste so recht, woher er kam, wohin er ging und wo er wohnte. Ein Obdachloser war er nicht, auch kein Verwahrloster, Heruntergekommener oder Unversorgter, nein, eher war Oskar so etwas wie ein Unikum. Ein Berliner Original. Mit frecher Schnauze und wachen Augen, der immer Bares in der Tasche hatte. Seine Kleidung wirkte skurril, im nächsten Jahrtausend würde man sie als “hip“ bezeichnen, heute aber, in diesen kalten Januartagen des Jahres 1924, schien er sich intellektuell den Kreisen des Bohème angeschlossen zu haben. Die dunkelbraune, in die Jahre gekommene Wollanzughose trug er stets mit Hosenträgern der gleichen Farbe über einem verblichenen, beigeweißen Hemd. Was im Grunde nichts Außergewöhnliches war, auffallend jedoch war die täglich wechselnde Farbe seiner Weste. Oskar musste einen unermesslichen Fundus an Westen besitzen, zumeist in schrill-bunter Aufmachung. Keine Farbe war ihm grell und auffallend genug. Einzig seine Kopfbedeckung, die war Sommer wie Winter gleich. Eine alte graue Schiebermütze, die er keck in die Stirn gezogen trug, und die ihm das Aussehen eines ausgeschlafenen Zockers verlieh.

Doch ein Spieler war er nicht, allenthalben ein Kleinganove, der hier und da seinen Vorteil in Zählbares umzumünzen wusste. Dass er dabei nicht schlecht fuhr, dafür sorgte seine Umwelt. Und dies überaus freiwillig und sehr gerne. Denn Oskar hatte etwas, das andere nicht besaßen. Ein ganz bestimmtes Talent. In Pankow geboren und aufgewachsen, war das größte Geschenk seiner Kindheit sein erstes Fahrrad gewesen. Damit vergrößerte der Stepke seinen Radius um ein Vielfaches. Mit 12 Jahren konnte er stolz behaupten, er kenne jeden Winkel der Stadt, sei jede Straße mindestens einmal abgefahren und man könne ihn irgendwo in Berlin absetzen, er würde immer zurück nach Hause finden. Selbst im Dunkeln. Er war und blieb ein Kind der Stadt. Ein Großstadtkind, das jeden Kohlenkeller seines Stadtteils kannte und auch jeden Dachboden. Und auch jedes Gebüsch, wie er mit grinsendem Blick auf die neben ihm stehende Conny bemerkte, die prompt knallrot anlief, als Oskar einmal mehr einer Gruppe Freunden seinen Lebenslauf erklärte. Da war er 16. Und Conny 14.
Heute musste Kowalsky irgendwas zwischen Mitte 20 und Anfang 30 sein, keiner wusste es genau, und Oskar machte daraus ein wohlgehütetes Geheimnis. Es war im Grunde auch unwichtig, denn etwas anderes war entscheidend, warum alle den Kunterbunten mochten und schätzten, ja sogar seine Nähe suchten. „Brauchste wat? Oskar kanns besorjen!“

Es gab nichts, was Oskar nicht auftreiben konnte. Eine Schippe Kohlen war ebenso wenig ein Problem für ihn, wie amerikanische Zigaretten, roter Lippenstift oder schwarze Netzstrümpfe mit Strapsen. Längst hatte Oskar sein Fahrrad gegen eine NSU getauscht, ein feines Moped, das ordentlich knatterte. So konnte man ihn nicht nur an seiner schrillen Weste erkennen, sondern ihn auch schon von weitem hören.
„Oskar ist in der Nähe“, tuschelte man sich zu, und manch einer kramte schon in den Hosentaschen nach ein paar Groschen, erwartete er denn eine Kleinlieferung.

Oskar konnte nicht nur alles besorgen, er wusste auch alles. Ständig auf Achse, zwischen den Kneipen, Tanzlokalen und Künstlertreffs pendelnd, verteilte er die Informationen, die eine Stadt lebendig hielten. Heute aber konnte er mit etwas Besonderem aufwarten. „Haste schon jehört? Jakob Hinkelmann dreht einen neuen Film!“
„Ne, wa?“
„Ja, doch!“
Neugierig scharten sich die Gäste der kleinen Eckkneipe um Kowalski, der seine Mütze ausnahmsweise in den Nacken schob, was seine eigene Aufregung nur noch mehr zum Ausdruck brachte. „Und stellt euch vor, er sucht noch jede Menge Leute.“
„Wat denn? Schauspieler? Theaterpeople?“
„Wat weeß denn icke“, zuckte Oskar die Schultern. „Is alles noch janz frisch, wa. So frisch wie Spreehering aus der Reuse. Komparsen, Statisten, Beleuchter … einfach alles.“
„Auch Mädels?“, fragte Lola, die rothaarige Wirtin, und schob ihren Balkon über die Theke.
„Na aber sicha“, lachte Oskar und warf einen anzüglichen Blick in ihr tiefes Dekolleté. „Jeder mit seinen und ihren speziellen Talenten wird jebrocht.“
„Tatsache?“, fragte der fesche Bruno nach und rieb sich das Revers seines Jacketts. Mit lässiger Geste fischte er einen Kamm aus der Innentasche und fuhr sich durchs glattgeölte schwarze Haar, dass sich ein exaktes Muster feiner, gerader Linien bildete. Oskar sah ihm grinsend bei seiner Handlung zu, dann fuhr er fort: „Hinkelmann trifft sich vermutlich mit einem Produzentenehepaar im Rachmonischen. Wat jenaues wees ick aber och noch nich. Und jetzze zapf mir ne kalte Schulter, Lola, please, aber n big one!“

Jeder der Umstehenden kannte Oskars Insidersprache, wusste was gemeint war. Oskar hatte Durst auf ein großes, frisch gezapftes Schultheiss-Bier vom Fass. Wo die Filmleute Hofstaat hielten, war ebenso klar. Nirgendwo anders als im berühmten „Romanischen Café“ in Charlottenburg.

„Icke werd da ma vorbeekiecken, wa!“, nickte Kowalsky etwas später vielsagend und wischte sich mit dem Handrücken den Schaum von den Lippen. „Mal ne Runde um die Ecken drehen. Wird bestimmt ne knorke Sache. Und bestimmt nicht nur wegen Hinkelmann kurz im Rachmonischen reinschneinen. Sondern ditte hier wegen. Kieckt mal!"
Etwas umständlich und sehr vorsichtig zog Oskar Kowalsky etwas aus seinem Beutel. Ein Buch.
"Wat is n ditte fürn oller Schinken, Mensche", fragte Richard Böhme, seines Zeichens Schlosser drüben bei Maschmanns & Söhne um die Ecke.

"Oller Schinken? Haste noch alle Tassen im Schrank? Wat biste denn du für ne Furzkanone. Weeßte wat ditte is? Ne, wa? Keinen Schimmer. Dacht ich mir doch. Sowas haste noch nich jesehn, war mir klar. Ladys and Gentlemen, Oskar Kowalski präsentiert als Erstausgabe den ersten Band von Thomas Mann seinem niegelnageneu erschienen Roman "Der Zauberberg". Is noch nirgendwo erhältlich. Druckfrisch quasihasi. Noch nich ma aufm Kudamm zu bekommen. Nur euer alter Oskar, der Geniale, der hält eins in den Griffeln. In den Zaubergriffeln." Er lachte stolz auf, wusste er doch sehr genau, dass er selbst für Berliner Großstadtverhältnisse hier ein echtes Meisterwerk exklusiv vorstellte.

Tatsächlich konnten viele der Arbeiter, die sich hier eine kalter Schulter gönnten, nach Feierabend nichts mit Literatur, gehobene Literatur, denn das war es, das hatte Oskar sofort erkannt, beim ersten Hereinblättern, anfangen.
„Ditte is nüscht für dich, meine Lieber Herr Böhme. Schon gut, macht ja nüscht."

"Darf ich mal sehen, lieber Oskar?", fragte eine dünne Mädchenstimme. Reate Knark aus der 12. Klasse des Rosa-Luxemburg-Gymnasium an der Kissingerstraße. Deutsch und Literatur waren ihre Lieblingsfächer, und sie streunte oft mit Oskar durch die Viertel, hörte ihm und seinem Wissen begeistert zu, denn Oskar konnte nicht nur alles besorgen, er hatte auch erstaunlich viel Ahnung von Literatur. Und diese kleine Weltneuheit hier war für Renate ein echtes Geschenk, sie einmal in ihren Händen halten zu dürfen. Fast ehrfürchtig schlug die den Buchrücken auf und so wie alle Bücher, war auch dieses in altdeutscher Schrift geschrieben. Lesen und schreiben konnten sie alle, auch rechnen, teilweise auch Latein oder Altgriechisch. Die Pennäler wurden streng im Unterricht gehalten. Ein solches Werk aber, das war für Renate der Kracher in Tüten. "Unglaublich, Oskar, das gibt´s doch gar nicht, wo hast du das denn her?"

Renate war fein erzogen und stammte aus guten Hause, das hörte man sofort, denn sie berlinerte so gut wie gar nicht. Und trotzdem war sie bei allen sehr beliebt, weil sie nämlich ein schlaues Köpfchen war und schon so manch einem aus der Patsche geholfen hatte, mit ihren schlauen Reden. Kein Wunder, dass sie Jura studieren wollte.
Oskar indes hatte kein Abitur, war nie auf ein Gymnasium gegangen. Sein Vater war ein schlichter Handwerker, die Eltern konnten sich Oskars Schulausbildung leider nicht leisten. Das störte Oskar keineswegs, er kam auf der städtischen Realschule sehr gut mit und hatte nach dem guten Schulabschluss auch sofort eine Lehrstelle bekommen, die ihm Spaß machte. Bei der Buchdruckerei Günter Kuhfuss. Und so wurde Oskar Autodidakt. Er las viel. "Nur so zum Ausgleich, versteht ihr?", behauptete er stets. Wenn andere zum Turnen gingen, blieb er zu Hause oder setzte sich auf eine Parkbank und las. Er lernte viel, sehr viel mehr, als ihm bewusst war.
Heute aber hatte er einen anderen Plan. Er würde sich ins Romanische Café begeben und zusehen, dort den Autor Thomas Mann anzutreffen. In der Tat, Oskar war wahrlich ein Unikum. Niemand kam auf die Idee, sich irgendwo ein Erstausgabe von Thomas Mann zu besorgen, und ihn dann aufzusuchen. Nur einer war so verrückt. Oskar!

"Bitte, Oskar", bat Renate. "Nimmst du mich mit ins Rachmonische? Hinten drauf auf deiner NSU? Biiiitte. Das wäre wirklich dufte." - "Hm", machte Oskar und drückte sich die Schiebermütze wieder in die Stirn. Neugierig besah er sich das Mädel. "Vorher einen Kuss. Also einen richtigen, Renate, und hinterher noch einen. Auf Zunge."
"Boah, du Schlawiner. Aber bist ja doch ein Guter. Heißt das: Ja? Du nimmst mich wirklich mit?"

Oskar grinst breit, er mochte Renate, hatte sie gern, und zwei Küsse von ihr bedeuteten ihm weitaus mehr, als nur langsam mit dem Moped voran zu kommen. So hatte er wenigstens was von ihr. Wenn sie ihn mit beiden Händen umarmte und sich ganz eng hinter ihn drücken musste. "Kuschelrunde", nannte Oskar eine solche Beförderungsfahrt dann immer. Erlaubt war das zwar nicht, aber was kümmerts einen Schutzmann, wenn Oskar angeknattert kam.

"Na dann, auf nach Charlottenburg", rief er und musste viermal den Kickstarter bedienen, bis die Möhre - wie alle Oskars Gefährt nannten - endlich ansprang. Schnell noch den Benzinhahn zu und die Fahrt konnte beginnen.

"Unser guter alter Oskar, der hats schon drauf, Jungs, oder?"
"Volle Lotte hat er das", pflichtete ihm Bruno bei und ein wenig Bewunderung schwang in seiner Stimme mit.

© Walhorn, Januar 2017
*********eber Paar
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Jakob Hinkelmann
Künstler und Literaten, wie Erika und Klaus Mann, Gerhard Hauptmann, Max Liebermann oder Ernst Toller flanieren über den Ku'damm oder treffen sich im „Romanischen Café“ in Charlottenburg.
Hier treffen wir Jakob Hinkelmann, seines Zeichens Regisseur, der mit dem Produzentenehepaar Georg und Henriette von Loewenstein zusammensitzt. Jakob gönnt sich einen Gin-Sour, während seine Freunde ihre Martinis genießen.
Die drei kennen sich schon einige Jahre und Georg möchte mit Jakob in nächster Zeit wieder einmal ein Filmprojekt realisieren.
Während sie so über das Zeitgeschehen philosophieren und darüber sinnieren unter welches Motto sie den Film stellen wollen, hat Henriette die zündende Idee.

„Wir drehen unter dem Motto :

Tanz auf dem Vulkan
Luxus, Lichtspiel, Literaten

Die Männer sind begeistert und beginnen sofort ihre Überlegungen zu Drehbuchautor, Darsteller und allem anderen, was man für einen erfolgreichen Film benötigt. Amouröse Verwicklungen und Verstrickungen eingeschlossen...

Jakob lehnt sich in seinem Stuhl zurück, dreht das Glas mit dem Gin Sour in den Händen und sieht sich gedankenverloren im Raum um. Hin und wieder nickt er einem Bekannten zu der ihn höflich grüßt und sich einen Platz hier im „Bassin für Schwimmer“ sucht.

Schön und gemütlich ist es nicht im „Romanischen Café“, welches sich in einem der von Franz Heinrich Schwechten gebauten Häusern befindet, die sich rund um die, ebenfalls von Schwechten entworfenen und für den Kaiser errichteten Gedächtniskirche, erheben.
Das Café ist unterteilt in zwei Räume, ein etwas größerer mit etwa 70 Sitzplätzen, das „Bassin für Nichtschwimmer“ in dem sich all die mehr oder weniger hoffnungsvollen Talente, oder solche, die es werden wollen, tummeln und in das etwas kleinere „Bassin für Schwimmer“mit 20 Plätzen, wo sich diejenigen treffen, die sich schon einen Namen gemacht haben.
Auf der Galerie amüsieren sich die Schachspieler und auf der Terrasse vor dem Haus nehmen die Flaneure von Ku'damm ihren Nachmittagskaffee.


Jakob Hinkelmann ist eine imposante Erscheinung, mit seinem 1,89 Meter, in einem schwarzen „Stresemann“. Obwohl er erst 38 Jahre zählt sind seine schulterlangen, zu einem Zopf gebundenen, Haare schlohweiß und betonen sein leicht gebräuntes Gesicht, aus dem neugierige, katzengrüne Augen die Welt um ihn herum in Augenschein nehmen.
Sein, leider mittlerweile aus der Mode kommender, Gehstock lehnt neben ihm am Tisch und ist seiner Beinverletzung geschuldet, die er sich während des Krieges zugezogen hat, dank derer er aber heute die von Loewensteins zu seinen Freunden zählen darf.

Jakob hatte sich schon als junger Mann, im Wien der Vorkriegsjahre einen Namen als Regisseur mit einigen der ersten erotischen Filme gemacht und nun, dank seiner Bekanntschaft mit Georg von Loewenstien, auch hier in Berlin schon mehrere erotische Sujets umgesetzt.
Nun wollen sie ein großes Projekt umsetzen und hier in Berlin einen erotischen, aber auch etwas zeitkritischen Film drehen.

Mit einem Lächeln wendet sich Hinkelmann wieder Georg und Henriette zu. „Mein lieber von Loewenstein, ich freue mich schon sehr auf unsere erneute Zusammenarbeit. Sicher werden wir die Einstellungsgespräche für die Crew in deiner Produktionsfirma in Weißensee führen.“
Georg von Loewenstein nickt „Natürlich, Jakob. Aber wir werden für die Vorauswahl den alten Paetsch mit seiner Künstleragentur beauftragen und die abschließende Auswahl dann bei uns auf dem Set treffen.“
„Hm...“ Jakob runzelt die Stirn. „Den alten Paetsch. Das ist eine gute Idee, er hat gute Beziehungen und immer erstklassige Leute unter Vertrag. Wir sollten auch noch jemanden losschicken geeignete Drehorte suchen.
Ich schlage vor, hier in Charlottenburg und im Scheunenviertel. Eventuell können wir die ein oder andere Szene im „Clärchens“ drehen. Und den Rest setzen wir in deinen Studios um.“

Hinkelmann gibt dem Bartender ein Zeichen und bestellt noch einen Gin Sour für sich und Martinis für seine Freunde.
Zu dritt stoßen sie auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit und ihr neues Filmprojekt an.



© DieTraumweber 2016
*****div Frau
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Ida Stanglmaier
„IDAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA!“
Wie gern hätte sie jetzt ihre Zöpfe in die Ohren gesteckt. Aber die waren ab. Seit sie in Berlin war. Teuer bezahlte sie das mit ihrem ersten verdienten Geld in der Kneipe ihres Bruders. Kaum angekommen, musste sie sich unbedingt modisch den anderen Frauen hier anpassen. Nach dieser Entscheidung (oder Abschneidung?) wurde sie erstmals mit dem schnell hysterisch klingenden Organ ihrer Schwägerin konfrontiert und kassierte ohne weitere Vorwarnung eine Ohrfeige. Das Geld hätte sie heim schicken sollen. Die paar Pfennige, sollte sie ihr doch mehr bezahlen!

Warum diesmal wieder der Schrei ertönte, interessierte Ida nicht wirklich. Es hatte nie einen besonderen Anlass. Lieber sich wieder ihrem Fund zu wenden. Irgendeiner der Gäste gestern hatte das Berliner Tagblatt liegen lassen. Beim Abräumen fiel ihr Blick auf eine der vielen Anzeigen. „Komparsen gesucht für Filmaufnahmen.“ Eine Chance, etwas dazu zuverdienen? Eine Chance, mal selbst von der Leinwand herunter zu lächeln?

Ihre haselnussbraunen Augen blitzten unter den ihr ins Gesicht fallenden braunen, in Wellen gelegten Haare. Ganz schnell breiteten sich die tollsten Tagträume in ihrem Denken aus. Sie inmitten der Stummfilme, die sie so gerne sah. Sie in traumhaften Abendroben, die sich an ihre immer noch mädchenhafte Gestalt schmiegten, die zarten Brüste mehr hervorhoben als versteckten, im Gegensatz zu den scheußlichen Kitteln, die sie hier tragen musste. In Würzburg konnte sie sich wesentlich freier bewegen. Der Wirt dort hatte seine jungen Bedienungen geschätzt, die mit größerem Ausschnitt und engem Oberteil die Studenten zum Weitertrinken animierten. Nur, wenn das dann passierte, was ihr passierte, Pech, musste die Bedienung halt gehen, kam allein und ging zu zweit. Immerhin gab es noch ein gutes Handgeld.

Für den Fall, dass einer der Bekannten sie ins Kino ausführte, drückte sich neuerdings immer ihr Neffe im Hintergrund herum. Der lungerte solange vor dem Kino, bis sie wieder in Begleitung herauskam. Sehr ärgerlich, aber auch wieder nicht. Im dunklen Lichtspieltheater letzte Reihe konnten die Männer halt doch nicht so weit gehen. Trotzdem weit genug, um ihr manches Mal Vergnügen zu bereiten. Wenn der Kerl feinfühlige Finger bewies.

Wilhelm wollte gleich nach seinem letzten Examen zu ihr nach Berlin zu kommen, im Sommer wäre es soweit. Nicht einmal sah er bisher seinen Sohn. Seine Familie nahm die Nachricht vom nicht offiziellen Stammhalters gar nicht amüsiert auf. Ihre Angehörigen hatten dafür pragmatisch gehandelt, sich ihres Kindes angenommen und schickte sie ins ferne Berlin zu ihrem Bruder. So, dass sie jetzt träumen durfte, von Abendroben und einer Komparsen Rolle.

Aber gerade wurde sie schmerzhaft aus ihren Träumen gerissen. In Form der Hand ihrer Schwägerin, die ihr eine ordentliche Backpfeife verpasste.
„Siehst Du nicht selbst die viele Arbeit, die hier auf Dich wartet? Kannst mit dem Boden schruppen beginnen, faules Mensch! Kein Wunder wollte Dein Vater Dich nicht behalten. Jetzt habe ich seine 24jährige Tochter am Hals und muss sie auch noch durchfüttern…“ zeterte Friedel, die gar nicht Friedliche, direkt neben ihr.

Friedel würde einen Herzinfarkt bekommen, ganz bestimmt, so wie sich bereits ihr Gesicht rot färbte. Ida dachte sich ihren Teil und blieb ruhig. Solange ihr Bruder Günter in der Nähe weilte, hatte sie normalerweise Ruhe. Er steckte ihr auch ab und zu ein paar zusätzliche Pfennige zu, wusste, dass sie wirklich hart arbeiten konnte und dies auch im Bedarfsfall tat. Nur halt in der Sekunde nicht. Es war noch vormittags, die Kneipe nicht geöffnet, warum sollte sie?

Günter war quasi mit dem Lokal verheiratet, von einer Brauerei nach Berlin gelockt und öfters mal in der Belle-Alliance-Straße beim Bier ausfahren vorbei gekommen, sehr gerne sogar, gab es doch dieses propere Mädel mit dem manchmal frechen Mundwerk. Bis der Inhaber starb und sich jemand um die Tochter und die Kneipe kümmern musste. Oder war es anders herum? Er sah seine Chance und zu ihm war Friedel wirklich friedlich. Liebenswert, begehrenswert, dankbar, Kumpel und Geliebte, perfekt. Erst seit seine jüngste Schwester hereinschneite, reagierte seine Frau leicht zickig.

Kochen für die Gäste durfte Ida nicht, einmal probierte sie es, aber scheiterte kläglich. Ihre Form der Buletten kam gar nicht gut an. Zuviel Schrippen, zu wenig Fleisch hatte ihre sonst geizige Schwägerin vorgeworfen. Ihr wurde immer mehr bewusst, dass sie alles tun würde, um hier herauszukommen. Keine Putzhände, keine Pranken auf dem Hintern mehr. Einen Filmstar müssten sie in der Familie von Wilhelm einfach akzeptieren. Koste es, was es wolle. Wenn sie die Gnade von ihrem Bruder verlor, würde sie womöglich in einem Zimmer dieser Mietskasernen enden, in doppelter Untermiete, reduziert auf eine schmutzige Bettseite. Ihre Unterkunft bei ihrem Bruder dagegen richtig luxuriös, ein eigenes Bett, sauber, warm, geschützt.

Dieses Inserat! Wie sollte sie nur zu diesem Ort kommen, der über ihr weiteres Leben entscheiden könnte? 15 Uhr mittags auch noch. Einfach fortstehlen funktionierte nicht. Geld für die Elektrische hatte sie nicht, das war gerade für ein Paar neue Strümpfe drauf gegangen. Dafür brauchte sie unbedingt einen neuen Hut, einen Cloche. Wie bewunderte sie die Besitzerinnen der in ihren Augen eleganten Kopfbedeckung, die die Nase der Trägerin gerne etwas himmelwärts richtete oder aber bei Nichtbeachtung eine unsanfte Begegnung mit im Weg stehenden Laternen oder Menschen nach sich zog. Der einzige Hut, der den Weg aus Würzburg mit ihr teilte, lag traurig und verbeult in ihrem winzigen Koffer. So konnte sie sich keinesfalls zeigen.

Wie man als Komparsin zum Filmstar aufsteigen könnte, war auch noch so eine ungeklärte Frage, aber ihr großes Vorbild Lissy Arna hatte selbst so begonnen und strahlte schließlich in Amerika als Star. Eine gewisse Ähnlichkeit zu ihr bestand ohne Frage. Der Zeitungsverkäufer mit dem netten Lächeln gleich um die Ecke betonte es mehrfach. Was sollte also noch schief gehen?

Ida träumte unbekümmert am helllichten Tag, ahnte nicht, dass der Weg steinig sein würde. Oder aber eher mehr in der Horizontalen stattfinden könnte. Wenn es denn überhaupt gelingen würde, rechtzeitig zum Vorstellungstermin dort zu sein. Dass dieser Weg auch einige Vergnügungen für sie bereithielt, ahnte sie zumindest.

Entschlossen sprang sie auf und lief an ihrer verblüfften Schwägerin vorbei.
„Tue es jetzt“, sprach eine innere Stimme zu ihr, „fang es an, geh einen Hut kaufen…“

(c) mariediv 2017
****orn Mann
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Harry (1) - New York City
„So kann es nicht weitergehen, Harald“, sagte meine Schwester mit sorgenvoller Stimme, als sie mir vorsichtig das Blut aus dem verquollenen Gesicht wischte und mit Eiswürfeln betupfte. „Das ist nun schon das zweite Mal, dass du bei einer Razzia gebusted wurdest. Beim dritten Mal erschießen sich dich oder du wanderst mit Sicherheit in den Knast.“
„Ich weiß“, stöhnte ich vor Schmerzen. „Aber was soll ich denn machen? Ich kann nun mal nichts anderes, als Drinks und Cocktails mixen, habe nichts anderes gelernt.“

Schuld an meiner Misere und Unwohlsein war nicht ein berufsbedingter Kater oder eine handfeste Meinungsverschiedenheit, sondern der amerikanische Präsident. Nicht der jetzige Calvin Coolidge, sondern der damalige Woodrew Wilson. Der war es, der mich und sehr viele meiner Berufskollegen in die Arbeitslosigkeit und ins Elend, manche sogar in den Tod, getrieben hatte.

Ich wuchs behütet und wohlerzogen in einem kleinen Einfamilienhaus, mit Vorgarten und einem Ford in der Garage, auf. Es ging uns gut, wir lebten den amerikanischen Traum von Freiheit, mein Vater überlebte unverwundet den ersten Weltkrieg, und ich absolvierte die Highschool und hatte das große Glück in einem der renommiertesten Hotels der Welt in die Lehre zu gehen. Dem Hotel Astoria (heute heißt es Waldorf Astoria und befindet sich in der Park Avenue. Damals aber, als ich dort begann, stand das Astoria noch in der 5th Avenue, Ecke 33rd Street) in New York City. Allein über das, was ich dort in den 22 Jahren um die Jahrhundertwende erlebte, könnte ich einen Wälzer von Buch schreiben. Es war die bis dato schönste Zeit meines Lebens. Das noble Grand Hotel vom Allerfeinsten.

Zwei Personen, die ich dort an der Bar, die nach gruseligen Lehrjahren mein Arbeitssplatz wurde, kennenlernte, sollten mein Leben entscheidend verändern. Der eine hieß John Davison Rockefeller. Er war im Ölgeschäft tätig, so könnte man sagen, ganz lapidar, die Wahrheit aber ist, dass er mit seiner Firma „Standard Oil Company“ einer der reichsten Männer Amerikas war. Soweit weiß das jedes Kind hier. Was aber nur wenige wissen, dass Rockefeller ein guter Freund vom Hotelgründer und Besitzer John Jacob Astor lV war, der bedauerlicherweise am 14. April 1912 mit der Titanic im Nordatlanik unterging und einen tragischen Tod fand. Und mit ihm über 1.200 weitere Passagiere. Noch heute ist diese Tragödie nicht vollends aufgeklärt. Schrecklich! Ich persönlich habe sowohl Astor als auch Rockefeller kennengelernt, zwei überaus sympathische Menschen, die neben ihrem Reichtum noch eine weitere Gemeinsamkeit besaßen: Sie schätzten einen guten Drink. Und so komme ich nun ins Spiel.

Rockefeller war einer meiner Stammgäste. Natürlich wusste jeder im Haus, wer er war, doch zu mir baute er ein seltsam sympathisches Verhältnis auf, wurde nicht müde, die Qualität meiner Drinks zu loben und mich zu ermahnen, stets und immer auf eben jene Besonderheit meines Schaffens zu achten.
Oft saß er da und trank zum Tagesabschluss auf einen erfolgreichen Börsentag den einen und anderen Martini. „Trocken, fast staubig!“, wie er ihn liebte. Dass es dabei fast ausschließlich Gin pur war, mit einem Hauch französischem Noilly Prat, ist nicht der Rede wert, Hauptsache mit zwei grünen Oliven, ohne Kern.

So kam es, dass aus einem Feierabenddrink ein zweiter wurde, den er „Muntermacher“ nannte, den dritten dann Aperitif, und den vierten eine gesunde Vorspeise für ein gepflegtes Abendessen nebenan im hoteleigenen Nobelrestaurant.
Irgendwann meinte Rockefeller zu mir: „Harry! Aus dir wird noch mal ein ganz Großer. Schau mich an. Was aus mir und meinen 50 Dollar Taschengeld im Monat wurde. Fleiß und Aufmerksamkeit, in deinem Fall, dem Dienst am Gast, ist das A und O. Vergiss das nie! Mixe deine Drinks, halte die Qualität, und du wirst es schaffen. Und, ach ja … sag ab heute John zu mir.“
Ich war wie vom Donner gerührt. „Sehr wohl Mr. Rocke… Verzeihung, John. Es ist eine außerordentliche Ehre für mich, Sir.“
„Und lass das alberne Sir weg. Weißt du, was heute auf der Speisekarte empfohlen wird, Harry?“
„Selbstverständlich, Sir, ich meine … selbstverständlich, John. Truthahn auf einem Spinat- und Austernpilzbeet, dazu …“ – „Schon gut, Harry, mix mir noch einen Martini. Schön trocken.“

Die zweite Person, die mein Leben veränderte, war weit weniger freundlich und umgänglich. Sein Name war Lucky Luciano. Seines Zeichens Mafiaboss und ja, ich muss es leider erwähnen, mein späterer Arbeitgeber. Denn jener Lucky Luciano hatte auch einen Kumpel, einen guten Kumpel, und der hieß Al Capone. Al lernte ich allerdings erst später kennen, Lucky hingegen saß mir oft an der Bar gegenüber. Ein hagerer, verschlagener, pockennarbiger Italotyp mit stechenden Falkenaugen. Der dünne Schurbart und die etwas krummen, ungepflegten Zähne machten ihn mir wenig sympathisch. Einzig seine Trinkgelder sorgten dafür, dass man mir mein Unwohlsein in seiner Gegenwart nicht allzu deutlich anmerkte.

Auf jeden Fall, Rockefellers Trinkfreude und Lucianos Finger in der Nachschubbeschaffung sorgten letztendlich mit dafür, dass oben erwähnter Präsident Wilson befand, das amerikanische Volk sei dabei, sich um den Verstand zu saufen. 60 Liter Jahreskonsum pro Kopf – inklusive Säuglingen und Greisen – sei zu viel. Dem müsse ein für alle Mal ein Ende bereitet werden. Kurzerhand erließ er ein Gesetz, das den Verzehr, die Herstellung und den Transport von Alkohol verbot und nannte dies das Prohibitionsgesetz. Kein halbes Jahr später war ich arbeitslos. Die goldene Zeit der großen Barkeeper war quasi über Nacht beendet und ausgerottet. Der Senat ratifizierte das Gesetz, Wilson legte zwar noch – der Form halber – sein Veto ein, doch es half nichts. Es begann die Zeit der großen Trockenheit, die 13 lange Jahre andauern sollte. Es war der 16. Januar 1920. Mir kommt es so vor, als sei es erst letztens gewesen.

Damals starben auch meine Eltern und eine traurige Zeit brach an. Ich zog mit meiner Schwester um, in eine Wohnung, die wir uns leisten konnten, bis eines Tages ein alter Bekannter bei mir vor der Tür stand. Lucky Luciano! Mir rutschte fast das Herz in die Hose, als ich in sein grinsendes Gesicht sah und er mir mitteilte, er hätte einen lukrativen Job für mich. Gute Barleute würden gebraucht, ob ich mit 500,- die Woche (ein Wahnsinnsgehalt! Das vermutlich nur Gangster zahlen) einverstanden sei? Al und ein paar Altkumpels seien mit im Geschäft, alles gut, alles easy.

Das Wort easy wurde zu einem geflügelten Begriff, denn die Speak Easys schossen wie Pilze aus dem Boden. Geheimlokale, wo man sich traf, und deren Lage man sich nur hinter vorgehaltender Hand zuraunte. Und zwar nicht Hinz und Kunz von nebenan, sondern die New Yorker Society. Logisch, wenn etwas verboten ist, dann will man es erst recht. Die Menschen soffen weiter. Jetzt aber leider mit weitaus höherem Risiko, denn der Schnappes war schwarzgebrannt. Einzig Kumpel Capone sorgte für guten Stoff aus Kanada. Guten Whisky. Mit unfeinen Methoden sorgte der gute Al dafür, dass er der einzige blieb, der den lukrativen Schmuggel organisierte. Ganze Speditionen fuhren für ihn. Er besaß sogar eine eigene Schiffsflotte, die den Rum aus der Karibik einführte. Zumeist über Miami, Florida. Der Canadian Whisky hingegen kam via Chicago nach New York.

Ich weiß nicht, wie oft ich umzog mit meinem Barequipment. Ständig machte irgendwo eine geheime Flüsterkneipe auf, wenn eine andere entdeckt worden war. Wie groß das Business von Lucky Luciano, Al Capone und co war, kann man sich am besten ausmalen, wenn man sich vorstellt, dass es allein in New York 1923 an die 30.000 Flüsterkneipen gab.

Ich verdiente verdammt gutes Geld. Immer Cash auf die Hand, blieb aber in meiner bescheidenen Wohnung. Die Zeiten waren unsicher, obwohl man sich prächtig amüsierte. Es wurde sogar der Begriff „The Roaring Twenties“ erschaffen. Sagenhaft! Für die, die es sich leisten konnten.

Zweimal hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, von Lucky zu einer Urlaubsreise nach Havanna, Cuba eingeladen zu werden. Da saß ich also mit all den Mafiagrößen im „Hotel Nacional de Cuba“ am Tisch, rauchte Zigarren, trank Rum vom Feinsten und hatte Mädchen links und rechts von mir, mit denen ich machen konnte, was ich wollte. Und auch tat. Okay, soviel Ehrlichkeit muss sein. Ich war auch kein Kind von Traurigkeit und dieses Gangsterleben, verdammte Axt, ja, das hatte was! Es war geil! Hemmungslos und wild. Uns gehörte die Welt, und ich war nicht nur dabei, ich war mittendrin. Gehörte dem outer circle an, kannte sie alle.

In diesem altehrwürdigen und doch sehr zwielichtigen Hotel in Havanna lernte ich auch den wahren Boss der Bosse kennen, der als das Finanzgenie der Mafia galt. Ein Kerl namens Meyer Lansky. Ich hatte noch nie von ihm gehört, und mit seiner gerade mal 1,60 Körpergröße wäre er mir wohl auch nie aufgefallen. Er betrieb in Manhattan einen LKW-Verleih und war hauptsächlich für die Transportlogistik der Schmuggelware aus Kanada und die Verteilung über die USA zuständig. Und auch für die Geldwäsche, wie ich erfuhr. An seiner Seite ein Kerl, wie er gegensätzlicher nicht sein konnte. Ein Hüne von Mann. Dutch Schultz hieß der. Ein totaler Brutalotyp. Von dem ich mich so weit es ging fern hielt. Mord und Erpressung waren wohl sein Spezialgebiet. Ständig redeten sie noch über einen weiteren Gangster. Bugsy Siegel, der aber in New York geblieben war. Sie nannten sich: The Broadway Mob. Nicht gerade ein nervenberuhigender Titel. Das eigentlich Erstaunliche aber war, dass sie fast alle aus New York City kamen. War meine Vaterstadt wirklich so fest in der Hand der Mafia? Es sah fast so aus. Über 20 Gangsterbosse hatten sich auf meiner Urlaubsreise versammelt und sie tagten allabendlich. Unter sich. Ich war froh, dass ich ausgeschlossen war, wollte für einen Penny nicht wissen, was sie da ausbaldowerten. Dennoch genoss ich die Vorteile, die ein solch gefährliches Umfeld mit sich brachte. Und die wiederum gefielen mir gut.

Im Hotel Nacional benahmen sie sich aber friedlich, ja fast ehrenhaft, fröhlich und freundlich. Tatsächlich so wie eine aufgekratzte Urlaubsgesellschaft oder Firma auf Geschäftsausflug. Capone redete sogar oft von seiner Mutter und der italienischen Heimat. Es war alles sehr merkwürdig, fast surreal. Kam ich mir einerseits beschützt und familienmäßig dazugehörig vor, beschlich mich aber immer auch das Gefühl, dass diese Sicherheit sehr trügerisch war. Ich war der einzige, der keine Waffe trug. Warum sie mich irgendwie mochten? Keine Ahnung. Vielleicht weil ich auch ein Fachmann war, nur auf meinem Gebiet. Und vielleicht auch, weil ich darauf bestand, für einen ordentlichen "Manhattan" immer, ja, ich sage immer, den von den Gangstern beschafften kanadischen Whisky zu nehmen. "Guter Junge", lobte Capone mich oft.

Dass in diesen Tagen auf Kuba auch Fotos gemacht wurden von dem Syndikat angehörenden Fotographen, war nicht unbedingt in meinem Sinne, aber was sollte ich machen. Luciano bestand darauf, sich mit mir ablichten zu lassen. Ich stand unter seinem persönlichen Schutz, wie er oft genug betonte, bräuchte mir keine Sorgen zu machen, ich solle nur gut auf meine Hände aufpassen. Wie er das meinte, war mir ja klar. Ohne Hände, keine Cocktails mixen. Mafialogik. Einfach, aber einprägsam. Ich glaube, das Bild von Lucky und mir hängt heute noch im Nacional.

Von den Frauen, die die Mafiabosse umschwirrten, hielt ich mich fern. Und das war auch gut so. Die kubanischen chicas waren mir eh lieber, mit ihren kurzen Röckchen und kaffeebraunen Beinen.


„Harald, du musst von hier verschwinden, hörst du?“, holte meine Schwester mich unsanft aus meinen Gedanken. „Geh so wie Carlo, Johnny, Samuel und viele andere auch nach Europa. Da gibt es keine Prohibition, aber sehr viele tolle Hotels. Paris, Florenz, Berlin … “

So kam es, dass ich keine drei Wochen später nicht in Paris, London oder Venedig aus dem Zug stieg, sondern in Berlin, der Stadt meiner Vorväter, am Anhalterbahnhof. In der einen Hand eine Reisetasche mit Klamotten und schicken Schuhen, in der anderen meinen alten, kleinen, braunen Lederkoffer mit meinem professionellen Barequiment; und die Anzugtaschen voll mit guten US-Dollars in Cash.
Wie ich Lucky Luciano, Al Capone und ihren Häschern entkommen war, und was ich während der Atlantiküberquerung auf der „Albert Ballin“ der HAPAG-Gruppe erlebte habe, das erzähle ich ein anderes Mal.
Jetzt ging es erst einmal darum, einen neuen Job zu finden. Das berühmte „Adlon“, wo ich vorstellig wurde, hatte mir leider einen Korb gegeben, einen Amerikaner wollte man nicht einstellen, man sei auf der Suche nach reindeutschem Personal. Es täte ihnen leid. Eine merkwürdige Begründung, wie ich fand. Was tat sich in Deutschland?

Und so stiefelte ich los. Irgendwo würde ich Arbeit finden. Denn schnell wurde mir klar: Auch in Berlin pulsierte das Leben. Wir schrieben das Jahr 1924. Ein Zufall wollte es, dass ich in jener ersten Nacht meiner Ankunft in Berlin einen äußerst bunt-schrägen Vogel kennenlernte.
Sein Name? Oskar Kowalsky.

© Walhorn, Januar 2017
*********ynter Frau
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Grete Zeller (1)
Ohne weiter nachzudenken hauchte sie: „ Ja Herr Osward, ich bin zwar unerfahren in diesem Metier, aber gewillt alles zu tun und zu lernen, was nötig ist.“
....

„Sehr gut Fräulein …?“ setzte Richard Osward an.

„ Zeller, Grete Zeller.“, antwortete diese errötend und mit leicht zitternder Stimme.
Was in aller Welt hatte sie da gerade so gedankenlos versprochen? Sie war doch nicht ganz bei Sinnen! Das mussten der Dunst von diversen alkoholischen Getränken und der Qualm der vielen Zigaretten im Salon sein, die in unheiliger Allianz wie ein lebendiger Nebel durch den Raum waberten, und ihr den Kopf so komisch verdrehten.
Andererseits – was hatte sie schon zu verlieren?
Ihr guter Leumund war mit Eintritt in dieses verrufene Haus sowieso dahin. Und diese neue Welt, die sich hier bot, klang so aufregend.

Grete spürte tief in sich den Wunsch, die beschränkten Möglichkeiten ihres Daseins, ihres Standes und ihres Kopfes zu überwinden. Sie hatte sogar schon mit dem Gedanken gespielt nach Amerika auszuwandern. Dort, so hatte sie gehört, sei das Land der unbegrenzten Möglichkeiten und jeder konnte vom Tellerwäscher zum Millionär aufsteigen, wenn er denn nur hart genug dafür arbeitete. Sie traf in diesem Moment, die bewusste Entscheidung, sich erst einmal völlig ohne Wertung auf alles einzulassen, was dieses neue Leben an Aufgaben für sie bereithielt um dann zu entscheiden, ob es für sie tragbar wäre.

Sie straffte sich und hielt Herrn Oswards glühenden Blick stand, obwohl ihr Herz dabei mehrfach aus dem Takt zu geraten schien. Ihr wurde innerlich ganz heiß, so als stöbe ein Schwarm Schmetterlinge in ihrem Innersten auf und sie fühlte, die Röte auf ihren Wangen brennen. Sein feurig-amüsierter Blick aus himmelblauen Augen schien direkt durch ihr Kleid auf ihren schlanken Leib zu fallen.
Ihre Brustwarzen unter dem breiten Leibgürtel, den sie unter ihrem schlichten Sonntagskleid trug, und welcher nicht nur ihren Busen, sondern auch ihren Bauch und Po - der aktuellen Mode entsprechend – platt drückte, härteten sich schmerzhaft und ein wohliger Schauer erfasste sie.
Wieder erhitzte sich ihr sündiges Dreieck unangemessen bei seinem Anblick. Sie bemerkte eine peinliche cremige Feuchte in ihrem Unterhöschen und ein gar lustvolles Ziehen an der verbotenen Stelle, die sie sich manchmal heimlich unter der Bettdecke und in völliger Dunkelheit mit ihren Fingern rieb, bis ein wellenartiger Strudel sie erfasste und unanständig aufstöhnen ließ.
Stets sank sie danach voller Scham auf ihre Knie vor dem Bett und betete zur Buße zehn Vaterunser.

„Grete Zeller“, sinnierte Herr Osward derweil, ließ sich ihren Namen wie auf der Zunge zergehen und sog dabei gierig an seiner Zigarette während er sie nicht aus seinem verzaubernden Blick entließ.
„ Dieser Name sagt mir etwas …Warten Sie …Sie sind nicht zufällig eine entfernte Verwandte der unvergleichlichen Mata Hari? Ihr bürgerlicher Name war dem Ihren so ähnlich.
Haben Sie von ihr gehört? Sie war eine grandiose Frau, die pure Sinnlichkeit und Magie mit ihrem erotischen Schleiertanz verbreitete. Alle lagen ihr zu Füßen, eine Femme Fatale wie unsere verehrte Anita Berbert hier, und die ich selbst während ihrer Zeit in Berlin mehrfach erlebt und mit all meinen Sinnen und meinem Körper verehrt habe.“

Ein großes Geraune erhob sich nun. Jeder im Raum redete durcheinander und schwelgte in Erinnerung an die zum größten Bedauern aller hingerichteten Spionin, welche zweifelsohne den meisten männlichen Anwesenden in diesem Raum intim bekannt war. Einer der Herren feixte dabei:

„ Jaja, die Dame war recht exklusiv. Ich weiß, sie nahm mindestens 200 Mark pro Nacht von ihren Verehrern. Meine Güte Richard, das muss dich dann aber eine Stange Geld gekostet haben!“

„ Woher weißt du das denn so genau?“, kam es in gleichem Ton zurück und alle lachten laut.

Grete indes schüttelte betreten ihren Kopf, erwiderte ein leises: „ Nein sicher nicht, sie hieß doch Zelle mit Nachnamen.“

Für dieses Wissen, erntete sie einen verblüffenden Blick der Anwesenden.
Doch ein gemeiner Stich hatte gerade ihr Herz verwundet, als sie sich den aufregenden Herrn Osward zusammen mit dieser exotisch anmutenden Frau nackt im Bett vorstellte, deren Bild zusammen mit einem ausführlichen Artikel nach ihrer Hinrichtung in der Zeitung gestanden hatte. Sofort versuchte sie dieses Gefühl zu relativieren. Nur einen kurzen Moment huschte ein verletzter Schatten über ihr hübsches Gesicht.
Dumme Gans! Schalt sie sich selbst. Was bildest du dir ein? Dass ein Mann von Welt wie er, ein Heiliger ist? Und nur auf so ein Landei wie dich gewartet hat? Besinn dich und komm zurück auf den Boden!

„ Richard, was redest du denn da! Und überhaupt ihr alle! Ihr verunsichert das junge Fräulein Zeller“, tadelte Frau Berbert mit rauer Stimme nachdenklich.
Sie wusste sehr genau, in welchen Zustand sich das arme Ding gerade befand. Und sie kannte Richards gewinnende Art. Ein Lebemann war er. Sehr gefährlich für so ein unschuldiges Mädchen. Ein Casanova wie er im Buche stand. Einer, der die Frauen vortrefflich und ausdauernd zu lieben wusste, doch nur ausgesuchte Körperteile von ihnen. Das Herz gehörte eindeutig nicht dazu.
Zugegeben, auch sie schätzte sein ansehnliches Stück Manneskraft gelegentlich sehr. Selbst ihre lesbische Geliebte Susanna konnte ihm nicht wirklich widerstehen. Und oft fiel ihr die Wahl zwischen beiden schwer. Wobei - wirklich nötig war das nicht. Im Zweifelsfall war ihr Bett breit genug und auch ihr Verlangen reichte für mehr als eine Person. Eifersucht war kein Thema zwischen ihnen. Jeder wusste um die Befindlichkeiten der anderen.
So wie sie das sah, hing das Gretchen-Mädchen wie im „Faust“ bereits an Richards Haken. Sie musste dem naiven Schätzchen klarmachen, dass sie Richard zwar ficken, aber ihn dabei keinesfalls lieben dürfte. Denn er würde ihr eiskalt lächelnd das Herz brechen.
Er war eben nicht geschaffen für eine Einzige. Außerdem hatte Grete nun ganz andere Sorgen, denn bis zum Vorsprechen für diesen angesprochenen Film, hatte sie noch etliche Lektionen, nicht nur in Sachen Schauspielkunst, Stimme, Sprache und Tanz zu lernen. Sie würde sie unter ihre Fittiche nehmen müssen, um Schlimmeres abzuwenden und nicht völlig uneigennützig, brauchte sie noch immer eine Zofe, eine Vertraute und eine Freundin in Personalunion, die diskret gewisse und äußerst lebensnotwendige Dinge für sie erledigen könnte.

Grete stand noch immer kerzengerade inmitten der heiteren Herrenschar und wusste in diesem Moment, dass Frau Berbert, die kaum deutlich älter war als sie selbst, auch nicht das kleinste Detail ihrer innerlich peinlichen Zäsur entgangen war. Sie wünschte sich, sich wahlweise in Luft aufzulösen oder an einen sehr einsamen Ort, an dem sie dieses drängende Verlangen in ihrem Schoß stillen konnte.

Anita Berbert schlang nun den Kimono fest um ihren knabenhaft mageren Leib, welches von einigen Seiten herben Protest auslöste. Sie überging das nonchalant und seufzte mit einem wehmütigen Blick auf Richard, der heute leider nicht mehr das Bett mit ihr teilen würde, und erwiderte bedauernd:

„ Meine lieben Freunde, es ist schon spät am Tag. Ich muss mich noch auf meinem Auftritt heute Abend vorbereiten. Lasst mich jetzt allein. Wir sehen uns bald wieder, spätestens bei meiner nächsten erotischen Soiree. Fräulein Zeller, Sie bleiben. Ich möchte noch mit Ihnen sprechen.“

*
Einige Wochen waren vergangen und Grete fühlte sich ausgesprochen wohl in Anita Berberts Haus. Außer ihr gab es noch Jean, den schwulen Diener, Gertrud, die mütterliche Köchin und Käthe, das Faktotum für alles, was sonst so im Haushalt anfiel. Diese lieh sich gerne Kleidung von Jean aus, anfänglich war das seltsam für Grete gewesen, doch mittlerweile scherte sie das nicht mehr.
Es war normal geworden. Wie alles, was zuvor seltsam erschienen war.
Grete diente Frau Berbert morgens, mittags und abends als Zofe und dazwischen, wenn sie benötigt wurde. Die übrige freie Zeit übte sie mit Gerda Maus, einer älteren Schauspiel-Lehrerin, Ballett und Stimmbildung für das Vorsprechen.

Gretes Geist hatte sich schon von einigen Konventionen befreit, obwohl sie es missbilligte, dass Anita Berbert täglich unmäßig viel rauchte, sich mit Hochprozentigem betrank und gegen Abend oft unflätig wie ein Müllkutscher fluchte. Das geziemte sich nicht für eine Frau, meinte Grete. Einzig Frau Susanna konnte dann beruhigend auf Anita einwirken. Grete versuchte sich vorzustellen, wie das „Liebemachen“ zwischen zwei Frauen vonstatten ging. Als Landkind wusste sie um den Zusammenhang zwischen Penetration und Schwangerschaft. Doch wie sollte das „so“ funktionieren? Neugierig war sie schon, könnte sie doch ein einziges Mal „dabei“ zuschauen, denn in ihrer Vorstellung kam sie nicht weiter.

Besser klappte das bei Herrn Osward. Sehr oft kam er vorbei und jedes Mal hüpfte und schmerzte Gretes Herz zugleich bei seinem Anblick. Stets war er ausgesucht charmant ihr gegenüber und erkundigte sich nach ihren schauspielerischen Fortschritten. Hielt dabei immer ihre Hand einen Moment länger als nötig und mit einem angenehmen Druck. Manchmal strich er auch genießerisch über ihr Haar. Diese Momente genoss Grete und ihre Sehnsucht nach diesem Mann wurde immer größer.
Bald, so sagte er ihr, dürfe sie auf seiner Besetzungscouch Platz nehmen, dabei verschleierte sich sein Blick als sehe er im Geiste etwas sehr Schönes vor seinem inneren Auge.
Nach der höflichen Konversation zogen sich die beiden Damen und er zumeist für den Rest der Nacht in Anitas Schlafgemach zurück.

Gretes Verlangen arbeitete auf Hochtouren bei den seltsamen Geräuschen, die dann durch das ansonsten stille Haus tönten. Oft taten ihr am Morgen nicht nur ihre rechte Hand sondern auch ihr Möschen von ihren nächtlichen Reibe-Aktivitäten weh. Irgendwann – so schwor sie sich – würden sie und Herr Osward auch beieinanderliegen und …ficken.
Mit diesem Wort tat sie sich schwer. Es klang so herzlos in ihrer Seele. Aber gleichzeitig auch so anziehend animalisch, so lustvoll. Und allein dies, ließ sie schon wieder feucht werden.

*
„Grete, du wirst heute einen wichtigen Botengang für mich erledigen“, sagte Anita eines schönen Morgens nach dem Ankleiden. Grete horchte auf, eigentlich erledigte Jean die Einkäufe, sofern die Lieferanten ihre Waren nicht direkt ins Haus brachten.

„ Du wirst einige Stationen mit der Straßenbahn in die Stadt fahren und zum „Romanischen Café“ gehen. Dort suchst du diskret nach einem blonden Mann mit Schiebermütze und einer auffällig bunten Weste. Er heißt Oskar.
Wenn du ihn gefunden hast, wartest du, bis er alleine ist. Das ist wichtig, hörst du? Allein muss er sein! Die penetranten Schmierfinken von der Boulevardpresse lauern überall.
Dein Auftrag ist geheim!
Du wirst ihm zuflüstern, dass du von mir kommst und ich nicht nur den üblichen Nachschub brauche, sondern auch etwas Besonderes. Er weiß dann schon Bescheid. Am Wochenende ist meine erotische Soiree und ich erwarte erlesene Gäste, die ich entsprechend bewirten muss. Sag ihm, wenn er mir etwas Außergewöhnliches zu einem sehr guten Preis bringt, dann darf er dazukommen, sofern er einen Smoking besitzt.“

Anita Berbert hatte immer leiser und zuletzt sehr verschwörerisch geklungen. Sie hatte Grete vertraulich untergehakt und ihr Atem roch unangenehm nach dem teuren Cognac. So, als bereite ihr das Ganze ein diebisches Vergnügen, wie ein verruchtes Spiel. Und sie – Grete- sollte nun alleine in die große, lärmende Stadt und in einem unbekannten Café einen, ihr wildfremden Herrn aufsuchen und derart delikat ansprechen.
Grete schluckte, sie fühlte sich mehr als unwohl dabei, doch sie wagte nicht, zu widersprechen. Sie verstand, warum Jean nicht gehen konnte. Der war bekannt wie ein bunter Hund. An den hätten sich die Reporter sofort geheftet. Ergeben nickte sie, obwohl die Angst ihr die Kehle zuschnürte.
Anita lächelte zufrieden und flüsterte ihr zu:

„ Liebes, wenn du das zu meiner Zufriedenheit erledigst, dann werde ich dir deinen Herzenswunsch erfüllen. Ehrenwort. Nun guck nicht so ängstlich! Sieh es als Schauspielübung – du bist nun Mata Hari in einer wichtigen Mission.“ Jetzt brüllte Anita vor Lachen. „Geh jetzt und komm mir nicht unverrichteter Dinge zurück!“

Sprach´s und drückte der verdutzten Grete einige Münzen für die Straßenbahn und ein Getränk in die Hand.
© Nina de Wynter 07.01.17
********AusL Frau
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Ruth Fuchs (1)
Der Zug hielt quietschend im Anhalter Bahnhof. Ruth griff nach den beiden großen Lederkoffern, deren Inhalt zwar nicht schwer, dafür umso kostbarer war. Alle drei Monate nahm sie die lange Reise ins Erzgebirge auf sich, um sich bei den Kunstblumenmachern einzudecken. Dieses Mal hatten nicht nur diese zarten Gebilde aus Seide und Draht den Weg nach Berlin gefunden, um Ruths Kreationen den letzten Pfiff zu geben. Ruth hatte bei einem ihrer letzten Besuche in Sebnitz gesehen, dass in verschiedenen Werkstätten Fest- und Scherzartikeln aus Papier, Watte und Chenille hergestellt wurden. Davon hatte sie Oskar, diesem Hans Dampf in allen Berliner Gassen, erzählt. Und Oskar meinte, er könne alles verticken.

Ruths Hutsalon auf dem KuDamm begann, endlich etwas abzuwerfen. Berlin war nach den schrecklichen Kriegsjahren wieder eine pulsierende Stadt. Sie würde sich zu der Metropole Europas entwickeln. Die Kunst blühte, Dadaismus und Art Déco waren radikale Antworten auf wilhelminische Traditionen. Doch am radikalsten waren die Veränderungen in der Mode. Niemals wieder würden Frauen im Alltag lange Kleider tragen, die Krinoline wurden für immer aus den Schränken verbannt. Und seit 1923 trugen mutige Frauen ihre Haare kurz wie Männer. Damit tauchten am Kopf sehr eng anliegende Hüte auf, auch Topf- oder Glockenhüte genannt.

Ruth hatte die neue Form voriges Jahr zum ersten Mal im Rachmonischen gesehen und sofort gewusst, dass das ein neuer Trend sein würde. Mit ihrer ganz eigenen Art, den Putz zusammenzustellen und auf dem Hut anzuordnen, würde sie hoffentlich viele junge Kundinnen in ihren Salon ziehen können. Die neuen Frauen verdienten ihr Geld selbst, waren viel unabhängiger als ihre Mütter und genossen das Leben in vollen Zügen. Jedenfalls, die, die sich das leisten konnten oder sich einfach keine Gedanken um die Zukunft machen wollten.

So war Ruth nicht. Seit ihr Mann Karl vor 10 Jahren gefallen war, schlug sie sich alleine durch. Für Kinder hatte ihre kurze Zeit als Ehepaar nicht gereicht. Mit Mitte dreißig ging es ihr wie vielen ihrer Generation. Jammern galt nicht. Karls exklusive Herrenschneiderei hatte sie in ihren Salon umgewandelt. Sie war geschäftstüchtig, hatte das Ohr und die Augen immer an der Masse und ein paar Kontakte aufgebaut, die Informationen und Waren unter der Hand handelten. Zu entsprechenden Preisen, verstand sich.

So wie Oskar Kowalsky. Sie war gespannt, was er zu den Dingen sagen würde, die in einem der Koffer darauf warteten, unter die Berliner haute volée gebracht zu werden. Und vielleicht hatte er ja auch dieses Mal etwas mehr Zeit, als für ein Hintersalongeschäft gebraucht wurde.
*******y42 Mann
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Johann Hinrich Buttfaaken
Die Goldenen Zwanziger – Der Tanz auf dem Vulkan.
Johann Hinrich Buttfaaken erblickte am 18.7.1896 als ungeliebter dritter Sohn des Gärtners Wilhelm Otto Buttfaaken und seiner Frau Hermine, geborene Timmann, im elterlichen Hof im Herzen der Hamburger Vierlande das Licht der Welt.

Ihm zuvor gekommen waren bereits zwei Brüder und drei Schwestern. Der älteste Bruder war bereits drauf und dran den elterlichen Hof zu übernehmen und ließ wenig Zweifel daran, was er von diesem weiteren Mitesser am heimischen Herd hielt.

Nicht nur die seit dem großen Krieg anhaltende Wirtschaftskrise mit der galoppierenden Inflation, auch die noch aus der napoleanischen Besetzung herrührenden Lasten auf dem Hof, sorgten allenthalben für ein sehr ärmliches Auskommen der Hofgemeinschaft.

So entschied der Vater, Johann zwar eine solide Volksschulbildung angedeihen zu lassen, sandte ihn aber dann alsbald zu einem Kunden in die Hansestadt, wo er eine Ausbildung zum Kontorangestellten durchlaufen sollte. Die Enge der städtischen Mansarde, der langweilige und trockene Lehrstoff, die eintönige tägliche Arbeit, alles das, vermochte in dem drahtigen und kräftigen jungen Mann keinerlei Begeisterung hervorzurufen.

So entwickelten sich die erst sporadischen, dann mehr und mehr täglichen Botengänge zu willkommenen Abwechslungen. Das Herumstreifen in der großen Stadt erfüllte ihn mit wachsender Faszination. So blieb es auch nicht aus, dass er mit anderen Jungs seines Alters in Kontakt kam. Teils stammten sie aus deutlich höher gestellten Familien und mussten nicht auf jeden Pfennig achten.

Schon während seiner Schulzeit entwickelte sich Johann zu einer Leseratte, der sich von Erzählungen über ferne exotische Länder, die deutschen Kolonien wie eine Motte vom Licht, angezogen fühlte. Mit seinen neuen Freunden traf er sich heimlich des Nachts am Hamburger Berg und anderen Plätzen, die eine Faszination auf 16jährige Jungen ausübten. Die Mischung aus Gauklern, Huren und ehrbaren Bürgern, die des Nachts durch die Straßen schlichen, nahmen ihn in seinen Bann. Manchmal schlichen sie sich durch den Hintereingang in eines der Varietetheater, um den Kunststücken der Tänzerinnen, Schauspieler und Sänger zu lauschen.

Wurden sie von einem der kräftigen, muskelbepackten und tätowierten Aufpasser erwischt, setzte es jedes Mal eine Tracht Prügel, die Johann zu seiner eigenen Überraschung eher mit lustvollen Gefühlen als mit Schmerz erfüllte. So scheute er auch kaum eine Auseinandersetzung und mit der Zeit verschaffte er sich doch eine gehörige Portion Achtung in seinem Freundeskreis.

So ein richtig harter, ganzer Kerl wollte er auch einmal werden, einer der weiß wo es lang geht und vor dem die anderen respektvoll aufblicken sollten.
Zugleich loderte aber auch ein ganz anderes Feuer in ihm. Das der Bühnen, des großen Auftritts, des Schlüpfends in andere Rollen. Mit seinem Freund Karl verdingte er sich abends zunächst als Kulissenschieber am St. Pauli Theater, später dann durfte er sogar kleine Rollen übernehmen und genoss das Bad im Applaus der Menge.

Als dann in zunehmender Weise für den Eintritt ins Militär geworben wurde, konnte er dem Verlangen nach Ruhm und heroischen Taten nicht mehr widerstehen und verdingte sich, zusammen mit Karl, bei einem nächtlich durch Hamburgs Straßen ziehenden Werberkommando für den Dienst in der kaiserlichen Armee.
Zu Beginn des großen Krieges hatte er bereits den Rang eines Unteroffiziers erreicht.

Johanns schnelle Auffassungsgabe, das blitzschnelle Umsetzen von an ihn herangetragenen Herausforderungen, hätten sicher auch noch eine weiter nach oben strebende Karriere ermöglicht. Dagegen stand aber einerseits seine niedere Herkunft, die er immer wieder zu spüren bekam, aber vielmehr noch, seine ungestüme und teils vorlaute Wesensart, die zu mancherlei Händel mit seinen Kameraden führte.
Seine Einheit, das Schleswig-Holsteiner Pionier-Bataillon Nr. 9, wurde im Januar 1915 an die Westfront verlegt.

So wurden Karl und er direkt in die Grauen des Stellungskrieges hineingeworfen. Die heroische Euphorie erstarb in Windeseile unter dem Dauerbeschuss schwerer Artillerie. Die jungen Männer, eingesperrt in diesem Kokon der Gewalt, des Todes, des Drecks und der Krankheiten, lebten permanent im Ausnahmezustand, gehalten nur durch ein Übermaß an Adrenalin, Testosteron und Endorphinen. Und so war es kaum verwunderlich, dass nicht nur die militärische, sondern auch die sexuelle Moral unter dem endlosen Trommelfeuer der Granaten sich zusehends in nichts auflöste. Homosexuelle Beziehungen und Vergnügungen gehörten zunehmend zum Alltag in den schlammigen oder staubigen Schützengräben. Auch Johann und Karl konnten sich diesem körperlichen Drängen nicht erwehren.

Eines Tages wurden sie zu einem Sondereinsatz hinter der Front abkommandiert. Ein sehr gut aussehender Leutnant befehligte die kleine Sondereinheit, die auserkoren war für einen festlichen Abend ein schon reichlich von den Kämpfen mitgenommenes Schloss herzurichten.

Die Arbeiten erstreckten sich über mehrere Tage und es musste wirklich alles, was für die Lustbarkeiten des Abends erforderlich war, herangeschafft werden. Am Ende und wenige Tage vor der Party hatten sie dann das baufällige Gebäude in einen üppigen, geheimnisvollen Ort luxuriöser Verheißungen verwandelt. Nach getaner Arbeit wurden sie allesamt zum Waschen geschickt und erhielten erstmalig seit Wochen saubere Kleidung. Zu ihrer Verwunderung wurden ihnen zudem weiße Matrosenuniformen ausgehändigt und sie erhielten Anweisung, als Ordonanzen für den Abend zu fungieren.

Die Matrosenuniform sollten sie erst am Abend anlegen und ihnen wurde eingeschärft, niemandem über das, was an dem Abend geschehen würde, zu berichten. Andernfalls müssten sie mit strengen Konsequenzen rechnen. Die verbleibende Zeit bis zum großen Abend wurde genutzt, um ihnen die grundlegenden Fertigkeiten einer Ordonanz beizubringen.

Wie sich dann später herausstellte, waren diese Fertigkeiten gar nicht so gefragt. Der Abend nahm einen Verlauf, den sich Johann nicht im mindestens hätte träumen lassen. Nach dem Diner, an dem auch eine beträchtliche Zahl aufs üppigste herausgeputzter Frauen teilnahmen, verwandelte sich die Gesellschaft in ein lustvolles Knäuel ineinander verschlungener Leiber. Die Körpersäfte flossen in Strömen und Johann war sowohl der einen oder anderen Dame als auch stattlichen Offizieren zu Diensten. Über allem schwebte der süßlich betörende Duft der Parfüms und berauschenden Rauchwaren.

Mitten im Gewühl, als Johann gerade hart von einem Offizier gefickt wurde, fiel ihm ein anderer Matrose auf, der auch gerade hart von hinten genommen wurde und dabei noch eine Frau mit Inbrunst leckte.
Später an der Bar kamen sie miteinander ins Gespräch. Max war ein paar Jahre älter als Johann, kam aus Berlin und hatte vor dem Krieg schon einschlägige Erfahrungen mit den Transport-und Verkaufswegen der so überaus reichlich genossenen berauschenden Substanzen gemacht. Egal ob Marihuana, Opium oder Kokain, Max ein Fachmann für all‘ diese Substanzen und hatte sowohl deren Wirkungsweise als auch deren Möglichkeiten, seine eigene Situation mit dem Handel derselben zu verbessern, aufs genauste studiert.
Johann und Karl schienen die Erwartungen der Veranstalter aufs Beste erfüllt zu haben.

Jedenfalls wurden sie in der Folge des nächtlichen Gelages zunächst von der unmittelbaren Front abgezogen und als Ordonanzen in ein Versorgungsdepot versetzt, wo sie auch Max wieder trafen. Ihr eigentliches Einsatzgebiet waren aber die nächtlichen Ausschweifungen des Generalstabs ihrer Armee. Hier waren sie einerseits den Offizieren zu Diensten, wurden in alle Formen des SM und der Fetische unterwiesen und versorgten die illustre Gesellschaft nicht nur mit ihren Körpern, sondern auch mit allen nur denkbaren Drogen.

Die ausschweifenden Eskapaden ließen die Zeit wie im Fluge vergehen und benebelt vom Drogenrausch nahm Johann das Ende des Krieges nur undeutlich wahr. Karl und er saßen eines Tages plötzlich in einem Zug zurück nach Hamburg, Max verabschiedete sich nach Berlin.
Die Wirren der revolutionären Nachkriegszeit erlebte Johann zunächst im Drogenentzug und Hunger. Nach ein paar Monaten vollkommener Gleichgültigkeit raffte er sich dennoch auf, sein Leben wieder in die Hand zu nehmen.

Und so suchte er erneut die Nähe zu seinem alten Kiez, heuerte zunächst in einem Theater als Türsteher an und begann – dank der Unterstützung von Max aus Berlin, mit Drogen zu handeln. Das missfiel natürlich den lokalen Bossen, was er körperlich zu spüren bekam. Letztlich arrangierte er sich aber mit ihnen, trat quasi in deren Dienste. Die bisher beste Zeit seines jungen Lebens brach an. Im Trubel und Elend der Hyperinflation schwelgte er im Überfluss, genoss das Leben und schaffte es, sich ein kleines Vermögen in Gold und Dollars anzusparen. Die Touristen, die in zunehmendem Maß nach Deutschland strömten, warfen mit ihrem Vermögen nur so um sich. Johann versorgte sie mit allem, wonach es ihnen gedürstete.

Anfang 1924, als die Wirtschaft sich langsam wieder beruhigte, die Rentenmark durch die neue Reichsmark abgelöst wurde, leistete Johan sich sein erstes Automobil. Der Opel 4 PS „Laubfrosch“ war sein ganzer Stolz und er bezahlte die 4.500 Reichsmark in bar. Ein immenser Betrag, für den ein durchschnittlicher Arbeiter vier Jahre hätte arbeiten müssen. Zusammen mit seiner Freundin Julie, einer Tänzerin in einem der Varietetheater und seinem alten Freund Karl, unternahmen sie jede Menge Spritztouren bis an die Ostsee, wo sie die einsamen Strände nutzen, um es auf jede erdenkliche Weise zu Dritt miteinander zu treiben.
Dann kam es zu dem verhängnisvollen Abend.

Er konnte sich definitiv nicht mehr daran erinnern, was eigentlich vorgefallen war, aber als er im Morgengrauen in der ihm fremden Wohnung erwachte, erblickte er um sich herum und an seinem vollkommen nackten Körper überall Blut. Er selbst schien jedoch unverletzt, aber auf dem Sofa saß Julie nackt und in sich zusammengesunken.

Er raffte seine Habseligkeiten zusammen und versuchte sich und seine Kleidung so gut es ging zu säubern. Dann verließ er völlig verstört die Wohnung. Vor der Tür stand sein Opel. Fieberhaft versuchte er zu ergründen, was passiert war. Aber es fiel ihm einfach nicht ein. Panik machte sich breit und er verspürte den dringenden Impuls, so schnell wie möglich zu verschwinden.

Er fuhr in seine Wohnung, die er mit klopfendem Herz und sehr vorsichtig betrat. Doch hier war alles völlig normal. Er zündete den Ofen an, um den kalten Raum ein wenig zu erwärmen, setzte sich an seinen Küchentisch und stützte den Kopf in seine Hände. So saß er eine ganze Weile da, ohne sich zu rühren. Dann faste er einen Entschluss.
Er musste weg aus der Stadt – sofort.

Schnell zog er die dreckigen Klamotten aus, verbrannte sie im Ofen, packte ein paar Dinge in seinen alten Pappkoffer, wusch und rasierte sich und verließ am Nachmittag seine Wohnung. Zunächst fuhr er noch zu seinen Eltern in die Vierlande, wo er die blöden Kommentare seines Bruders ignorierte, den Rest seines Vermögens aus dem Versteck in der Scheune holte und schon wieder im Wagen saß, bevor seine Eltern überhaupt aus dem Haus eilen konnten. Er beschleunigte den wendigen Wagen so gut es ging auf dem kurvigen Deich und machte sich auf den Weg nach – BERLIN!

(c) 2017 Sunnyday42
****orn Mann
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Oskar (2) - Currywurst
Mit Renate Knark hinten auf dem Sozius seiner NSU, kam Oskar Kowalksy nur mühsam voran. Den dicken dunkelgrünen Lodenmantel fest geschlossen, die Schiebermütze tief in die Stirn gezogen, hatte er seine liebe Not, die Spur zu halten. Es hatte zwar noch nicht geschneit, aber der Belag auf dem Kudamm war tückisch glatt. Sie tuckerten Richtung Gedächtniskirche, wo ihr Ziel, das „Romanische Cafè“ um die Uhrzeit mit Sicherheit schon gut besetzt sein würde. Dort wollte Oskar den Schriftsteller Thomas Mann treffen, von dem er eine Erstausgabe seines neuen, noch nicht im Buchhandel erschienenen, Romans „Der Zauberberg“ mit sich führte. Außerdem hatte Oskar für den berühmten Autor ein kleines Tütchen mit weißem Pulver dabei, das er auf besonderen Wunsch eines im „Schwimmbassin“ des Lokals beheimateten Stammgastes für Thomas Mann besorgt hatte. Diese kleine Gefälligkeit war nebensächlich, eher ein Service für gewisse Kunden, doch Oskar hatte nun einmal spezielle Quellen, die er hier und da ins Spiel brachte, ohne aufzufallen. „Auf Koks lässt es sich gut schreiben“, hatte Max, der Wächter über Schwimmer und Nichtschwimmer, ihm anvertraut. „Fast alle nehmen es, um die nächtlichen Gelage entsprechend zu unterstützen.“

Thomas Mann, der ja in München lebte und wohnte, kam häufiger nach Berlin zu Besuch. Das letzte Mal hatte Oskar ihn knapp verpasst, jetzt aber wollte er ihn unbedingt persönlich kennen lernen. Dass Renate Knark ganz ähnliche Wünsche hegte, kam Kowalski nun zupass. So würde er zwei Küsse von ihr einheimsen können. Und natürlich tat er einem guten Bekannten, der für das Wohlergehen des Literaten sich berufen fühlte ... aus mehr als freundschaftlichen Gründen? ... gerne den Gefallen, wenn der ihn um einen solchen bat.

Oskar fand die Einteilung der beiden großen Säle im „Romanischen Café“ in Bassins im Grunde überaus albern, hatte auf den ersten Blick etwas von Zweiklassengesellschaft, doch wollte die Literatur- und Kunst-„Cremé de la Cremé“ Berlins sich ein wenig schützen und absondern vor allzu neugierigen Schwärmern. Was durchaus verständlich war. Es war noch gar nicht so lange her, dass die Szene umgezogen war ins „Romanische“, was daran lag, dass der alte Treffpunkt, das „Café des Westens“ - von den Künstlern nur liebe-und spottvoll: „Café Größenwahn“ genannt - zunehmend in die Kritik der Presse geraten war, als Berliner Sumpf, wo verludertes Weibsvolk verkehrte und verquere Geistesgrößen.
Den Umzug des Besitzers in den Neubau „Union-Palast“ am Kurfürstendamm machten die Bohemians jedenfalls nicht mit, sie zogen zwar auch um, allerdings in das „Romanische Café“ am Breitscheider Platz.

Oskar mochte den Laden nicht besonders. Es wirkte lieblos und kalt auf ihn. Ohne jede Stimmung, ein besonders missglückter Bau aus der wilhelminischen Zeit. Stets war es taghell beleuchtet, um für die an vielen kleinen, runden Marmortische sitzenden Besuchern genügend Leselicht zu spenden. Es wurde philosophiert, debattiert und sich auch lautstark gestritten, während oben auf der Galerie die Schachspieler versuchten, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen und ihr ernstes Gesicht bei zu behalten. Man war dabei, man spielte Schach, man war wer. Das was den Lebemann Kowalsky am meisten störte war, dass es keine Musik gab. Ein Unding, wie er oft bemerkte.
Dennoch, wer dazu gehören wollte, musste sich einmal am Tag, oder in der Nacht, im „Romanischen“ blicken lassen, besonders dann, wenn Kundschaft mit klingender Münze auf einen wartete.

Langsam tuckerte Oskar voran, schon kamen die beindruckenden fünf Türme der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Sicht, da schlug der rote Wollschal des eng an ihn gedrückten Fräulein Knarks ihm vors Gesicht. Oskar verlor die Balance, kam ins Schlingern, rutschte mit dem Moped auf dem winterglatten Pflaster aus, versuchte sich noch mit einem Fuß abzustützen, doch es half nichts, sie stürzten um.
Renate kreischte auf, das Trottoire kam beängstigend nahe, und auch ein Mann, vor einer Litfaßsäule in das Berliner Nachtprogramm vertieft, fuhr erschrocken herum, als die Fahrgesellschaft zu seinen Füßen zum Liegen kam.

„May l help you?“, fragt der und half galant dem Fräulein auf die Füße. „Ach nee, ein Amerikaner?“, fragte Oskar, sich aufrappelnd. Gemeinsam hoben sie das Moped auf. „Ditte is ja n Ding!“
„Ja, ähem … aus New York“, antwortete der Mann, zog seinen beigen Trenchcoat zurecht und lüftete den Hut. „Darf ich mich vorstellen? Harry, heute erst in Berlin angekommen.“
Erst jetzt bemerkte Oskar das Gepäck des Fremden. Eine große Reisetasche und einen kleinen braunen Lederkoffer. Er grinste den Amerikaner an und bekannte: „Ich war noch niemals in New York. Ich bin ein Berliner. Für meine Freunde bin ich Oskar, und meine Begleiterin das Fräulein Renate.“ Sie schüttelten die Hände und Harry zog erneut seinen Hut. Jetzt vor Renate. „Und was hört man dieser Tage so für Musik im Land der unbegrenzten Möglichkeiten?“, fragte sie keck.
Der Mann lachte auf. „Na, mit der Frage sind Sie bei mir richtig, Fräulein Renate. Ich liebe Musik. Mal überlegen. Der "St. Louis Blues" von Bessie Smith und Louis Armstrong und "Indian Love Call" von Paul Whiteman and Orchestra sind hoch im Kurs. Außerdem "Fascinatin' Rhytm" von George Gershwin und "Tea for Two" von Marion Harris. Des Weiteren auch "California Here I Come" von Benny Goodman sind in diesem Jahr ein absoluter Hit. Reicht das erst mal?“

„Woooooow“, rief Oskar aus, sichtlich beeindruckt und auch ergriffen. „Da hüpft ja die Spreewaldgurke aus dem Glas. Unglaublich! Der Mann kennt sich aus!“ Und auch Renate bekam den Mund nicht mehr zu.
„Ja“, nickte der Mann. „Und stellen Sie sich vor, ich habe 10 Scheiben meiner Lieblingsmusik mitgebracht aus New York. Habe nämlich gehört, dass hier in Berlin auch ordentlich was los ist. Ich suche Arbeit an einer Bar, in der man gute Drinks zu schätzen und das Tanzbein zu schwingen weiß.“
„Na, da ham se uff der Littfaß schon genau dat Richtije entdeckt jehabt. „Clärchens Ballhaus" wär genau der richtije Schuppen für Sie. Wie ich zufällig aus sicherer Quelle weiß, brauchen die gute Leute hinter der Theke.“
„Dumm nur, dass ich noch keine Landeswährung besitze. Nur das hier.“ Er zog einen 20 Dollarschein aus der Manteltasche.
„Echte Dollars? Ja kieck mal eener an. Ich kann zufällig wechseln. 50 Mark? Okay?“
„Oskar!“, rief Renate. „Jetzt hör aber auf. Du weißt genau, dass der Kurs 4:1 steht. Also bitte!“
„Ja, Zuckerschnute, weeß ick doch. Aber uffe Straße wechseln, da muss wat bei rumkommen.“
Harry lachte laut auf und rief: „Ist schon gut! Ich bin ja froh, wenn ich überhaupt an ein paar Penunsen komme, heute Nacht. Gib mir 60 Mark, und gut ist.“
„Na, dat is doch n Deal! Dafür lade ich uns drei drüben bei Maxe auf ne Currywurst ein. Thomas Mann muss noch ne halbe Stunde warten. Wat muss, dat muss. Jawollja!“
„Currywurst?“, fragte der Herr im Trenchcoat nach.
„Jau. Berliner Nationalgericht. Muss man schnabuliert haben. Unbedingt. Es bringt Glück, wenn man am Tag seiner Ankunft Berlin mit eener Currywurst bejrüßt. Beste Currywurst weltweit. Glob dit mal.“

Wenig später standen sie vor Maxes Wurstspezialitäten und Oskar erklärte schmatzend zuerst die besondere Qualität der Wurst und dann den Weg zu „Clärchens“, wo immer ordentlich was los sei, die Puppen auf den Tischen tanzten und sie sich und die Stadt Berlin Nacht für Nacht befeierten.
„Tanz und Schwoof bis zum frühen Morgen. Völlig illustres Publikum. Am besten fährst du von der Gedächtsniskirche Richtung Potsdamer Platz, weiter durchs Brandenburger Tor. Linker Hand kommst du am Reichstag vorbei, dann weiter am Bahnhof Friedrichsstraße entlang, weiter auf der Artelleriestraße über die Spree, immer weiter, dann geht rechts die Augusta ab. Die Gegend nennt sich Scheunenviertel. Aber am besten nimmst du ne Droschke oder ein Automobil. Die stehen da vorne für Fahrgäste bereit. Aber uffjepasst. Am Potsdamer Platz ist der Affe los. Da hm se jezze wegen all der Unfälle, manche sogar tödlich, sogar eijens ne Ampel für uffjestellt. 8 Meta hoch dat ding, wa. Unsere Deadlinde.“ Er lachte schallend auf. Musste ein echter Insider sein.

Oskar versprach, Harry unbedingt im „Clärchens“ besuchen zu kommen, so eine Type wie ihn müsse er sich unbedingt warm halten, allein schon wegen der Musik und jetzt dann auch noch wegen der Drinks, wie es scheint. Oskar lachte nun sehr herzlich, der New Yorker mit dem netten Akzent, der so gut deutsch sprach, gefiel ihm. Er und Renate müssten jetzt weiter, Thomas wartet. Außerdem will er sich noch den Herrn Hinkelmann etwas genauer ansehen und was Spezielles in Erfahrung bringen, was wichtig sei, es geht um ein Filmprojekt. Bevor Harry nachfragen konnte schwang sich das Paar winkend auf die NSU und ab ging die Fahrt.

Kurz darauf kamen sie im „Romanischen Café“ an, gaben ihre Mäntel an der Garderobe ab und bahnten sich den Weg durch die Menge und an den runden Marmortischen vorbei. Oskar in seiner schreiend-grünen Weste mit aufgesetzten blauen Karokarrees, in der Hand den Beutel mit dem Buch, fiel natürlich wie üblich auf, ließ sich auf die Schulter klopfen und steuerte mit Renate auf die Theke zu. „Erst mal ein kühles Blondes, wa Renatchen, und dann bitte meinen Kuss. Du weißt ja noch. Einen richtigen aber.“

Im Vorbeigehen bemerkte er eine andere Blonde. Eine aus Fleisch und Blut, die etwas abseits schüchtern und unschlüssig an einen der Pfeiler gelehnt stand und sich in der Gegend umsah.


© Walhorn, Januar 2017
*********ynter Frau
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Grete Zeller (2)
Grete betrat mit wild pochendem Herzen das „Romanische Café“, immerhin hatte sie es überhaupt im – für sie – unübersichtlichen Gewirr der Straßen, Plätze und der vielen Menschen gefunden. Es ging inzwischen auf Mittag zu. Schon die rasante Fahrt in der heillos überfüllten Straßenbahn war ein Abenteuer für sie gewesen und nur dem netten Billet-Verkäufer hatte sie es zu verdanken, dass sie die richtige Station zum Aussteigen nicht verpasst hatte. Verlaufen hatte sie sich zu allem Unbill auch und wieder hatte ein freundlicher Mensch, diesmal einer, der leckere Bratwurstspezialitäten verkaufte, ihr den rechten Weg gewiesen. Also die Berliner waren ausgesprochen freundliche Leute. Jedermann schien ein Lächeln für sie zu haben, auch wenn sie manches Mal noch andere Gefühle darin erkannte. Ein charmanter Herr öffnete ihr die Tür und ließ ihr galant den Vortritt. Grete errötete, dankte und trat ein.

Das Innere des Cafés machte auf Grete einen überwältigenden Eindruck und gar herrlich roch es hier unter anderem nach frisch aufgebrühtem Kaffee. So viel Luxus! Grete staunte mit leicht geöffnetem Mund während sie nach dem Herrn namens Oskar mit Schirmmütze und bunter Weste Ausschau hielt. Doch im Gewimmel des Gastraumes konnte sie ihn zunächst nicht entdecken. Sie blickte sich um. An den vollbesetzten Tischen des Gastraumes saßen wichtig aussehende Herren im Stresemann und elegante Damen schwatzend, Kaffee trinkend und Zeitung lesend.
An der gut besuchten Theke drängte sich das eher einfache Volk.
Zu dem kleineren Nebenraum wurde ihr der Zutritt von einem Bediensteten verwehrt. Dort befanden sich nur wenige Herren und der eine oder andere kam Grete vom Gesicht her irgendwie bekannt vor, darunter entdeckte sie auch Herrn Dix, den Maler, der Frau Berbert an ihrem ersten Tag im Salon so nackt gemalt hatte. Auf das fertige Bild war sie schon sehr gespannt.

Grete war verunsichert. Was, wenn dieser Herr Oskar heute gar nicht käme? Ihr wurde angst und bang, Frau Berbert würde sicher sehr ungehalten sein, wenn sie unverrichteter Dinge zurückkäme.
Von der ganzen Aufregung war ihr schon ganz heiß und auch ein wenig übel.
Nun verfluchte sie es, dass sie am Morgen ihren Leibgürtel so eng gebunden hatte. Sie japste so unauffällig wie möglich nach Luft und lehnte sich an eine kühle steinerne Säule, versuchte ihren Atem zu beruhigen und überlegte, ob ihr restliches Geld wohl für so eine Tasse des herrlich duftenden Kaffees reichen würde. So stand sie ein wenig benommen und unschlüssig als plötzlich der verzweifelt gesuchte Herr wie aus dem Nichts vor ihr stand, sie interessiert anlächelte, höflich seine Schiebermütze abnahm und sie freundlich ansprach:

„ Guten Tag, mein schönes Fräulein! Darf ich es wagen? Sind Sie neu in der Stadt? Ich habe Sie hier noch nie gesehen. Ist Ihnen nicht ganz wohl? Sie sehen ein wenig blass um Ihre Nase herum aus. Begleiten Sie mich an die Theke.“
Fürsorglich ergriff er mit einer Hand Gretes Arm und die andere legte er auf ihre Schulter, so führte er sie vor zur Theke.
„Else, reich mir bitte rasch ein Glas Wasser und eine Tasse schwarzen Kaffee auf meine Rechnung für die junge Dame. Ihr scheint ein wenig blümerant zu sein.“
Die dickliche Else grummelte etwas von diesen mageren jungen Dingern heutzutage, die gar nichts mehr aushielten und stellte das Bestellte bereit.

Dankbar trank Grete das Wasser in fast einem Zuge aus, den Kaffee genoss sie in winzig kleinen Schlucken. Er war köstlich.
„Vielen Dank der Herr, Sie haben mich aus großer Verlegenheit gerettet. Doch ich kann Ihr Angebot natürlich nicht annehmen. Selbstverständlich zahle ich meine Rechnung selbst“, erwiderte sie stolz und hoffte, dass die wenigen Münzen in ihrem kleinen Täschchen reichen würden.
Der Herr aber lachte nur und meinte, dass das gar nicht in Frage käme.
Grete setzte alles auf eine Karte, denn gerade schien niemand zuzuhören. Sie flüsterte verschwörerisch:
„ Sind Sie Herr Oskar?“
Ihr Herz klopfte wie verrückt und sie fühlte die Hitze in ihrem Gesicht.
Reiß dich zusammen, du bist Mata Hari, unterwegs in wichtiger Mission!

Er stutzte irritiert und fragte seinerseits vorsichtig:
„ Wer will das wissen?“

„ Mata Hari“, antwortete Grete, noch in Gedanken an ihre Rolle, wie aus der Pistole geschossen und wurde sich sofort ihres Patzers gewahr. Ihr gesamter Körper lief feuerrot an und peinlich berührt schüttelte sie ihren Kopf.
„ Nein, bitte verzeihen Sie mir. Mein Name ist Grete Zeller, …es ist kompliziert. Bitte. …Sind Sie der Herr Oskar, der alles beschaffen kann?“ Ihr Gesicht war ein einziges Flehen.

Oskar Kowalzky überlegte. Von einer Mata Hari zu einer Grete Zeller in einer Sekunde? War dieses Mädchen überspannt oder einfach nur verrückt? Eine gescheiterte Existenz, die ihren Kummer in billigem Fusel ertränken wollte? Nein, so wirkte sie nicht.
Oder war das möglicherweise eine Falle? Setzte die Berliner Polizei neuerdings weibliche Gendarmen als Spitzel ein, um ihn einer Missetat zu überführen?
Auch unwahrscheinlich, denn sie schien nicht sonderlich resolut zu sein.
War das Fräulein tatsächlich so unbedarft wie es den Eindruck machte?

Er maß sie mit einem durchdringend strengen Blick, dem nichts entging, nicht die kleinste Regung oder auch nur das Flattern ihrer Lider. Immer nervöser und ängstlicher, kurz vor einer Ohnmacht, sah sie nun aus. So, als könne sie die Warterei auf seine Antwort nicht einen Moment mehr länger ertragen, geschweige denn seinem Blick standhalten.
Hilflos und verzweifelt schlug sie die Augen nieder, einige Tränen lösten sich und rannen an ihren Wangen entlang. Sie wirkte in diesem Moment so zart und verletzlich, dass er sich schämte, sie in diese schlimme Lage gebracht zu haben.
Ihr Verhalten erfüllte und besänftigte ihn auf ungeahnte Weise. Sie war einfach hinreißend! Und die Unschuld stand in ihren grün schimmernden Augen. Es fehlte ihrem Blick an Hinterlist und Berechnung. Etwas prickelnd Lustvolles regte sich in ihm, doch er verbot sich sogleich jeden weiteren Gedanken an derlei Handlungen. Sie war ein anständiges Fräulein, sicherlich noch unberührt, und kein Flittchen mit der man solche Sachen einfach so in einer dunklen Ecke trieb.

Unvermittelt ergriff er ihre Hand.
Mit einem Lächeln und einem gütigen Blick in diese Augen, in denen er zu versinken drohte, flüsterte er:
„ Liebes Fräulein, so sagen Sie doch, wer schickt Sie zu Oskar?“, und schob ihr eine gelöste blonde Strähne zurück hinter das Ohr.

Grete erschauerte kurz ob der Berührung seiner Fingerspitzen und atmete vor Erleichterung auf. Sie blickte ihn scheu an, noch immer hielt er ihre Hand fest umklammert. Sich der Unschicklichkeit bewusst, gab er sie zögerlich frei und sie beugte sich so weit zu ihm vor, dass er ihre Hitze spüren konnte und den zarten Duft ihrer Haut roch. Unter ihrem Kleid konnte er die Abdrücke ihrer leicht stehenden Knospen erahnen, er atmete schwer und hatte Mühe, sich zu beherrschen. Seine Kehle fühlte sich rau an als ihre Lippen fast sein Ohr berührten während sie flüsterte:

„ Frau Anita Berbert schickt mich. Sie plant am Wochenende ihre erotische Soiree und braucht den üblichen Nachschub. Sie wüssten schon Bescheid. Dazu hat sie mich beauftragt, Ihnen auszurichten, dass sie außerdem noch etwas aufregend Außergewöhnliches benötigt, was Sie ihr zu einem guten Preis besorgen mögen. In diesem Fall wären Sie auch zu dieser Soiree eingeladen, sofern Sie dabei einen Smoking tragen.“

Dieses bezaubernde Wesen arbeitete bei Anita?
Oskar konnte es nicht fassen! Dann war sie wohl doch kein Unschuldsengel wie gedacht oder würde es vermutlich demnächst nicht mehr sein. Ein wenig Wehmut machte sich in ihm breit, auch weil sie nun den gesellschaftlich geforderten Abstand zwischen ihnen wieder hergestellt hatte.
Er straffte sich und erfragte professionell das übliche. Wie viele Gäste erwartet würden (um die dreißig) und ob er auch einen Barmann organisieren solle (ja). Kurz rechnete er und nannte ihr dann seinen Preis sowie Ort und Zeit des nächsten Treffens zwecks Übergabe seines Vorschusses.

Grete nickte, hoffte dabei, sich alles behalten zu können und erhob sich. Sie hatte es überstanden und legte ihre restlichen Münzen auf den Tresen, bevor Oskar protestieren konnte. Else nickte mürrisch. Es reichte nicht für ein Trinkgeld. Doch egal, sie stand nicht in Herrn Oskars Schuld. Das wäre ihr doch sehr unangenehm gewesen, denn er berührte etwas in ihr. Sehr zart.
Sie wandte sich rückwärts zum Gehen und strahlte ihn glücklich an, stieß dabei mit jemand zusammen. Erschrocken drehte sie sich um und blickte in das erstaunte Gesicht von Richard Osward.
(c) Nina de Wynter 09.1.17
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Ilse und Franz
Ilse trippelte hinter Franz her, der mit großen Schritten zielstrebig an den Geschäften vorbei ging. Wenigstens war er Gentleman genug und trug ihren kleinen Koffer, den sie am Eingang hatte stehen lassen.

Sie staunte über die Menschen. Da flanierten Herren mit Gehstöcken und Zylindern, dann saß ein beinamputierter mit Uniformjacke auf dem Gehweg, hatte seine Mütze auf dem Knie liegen und ein Herr mit langem Mantel warf ihm eine Münze hinein.

Etwas weiter auf einer Treppe saß ein Mann und polierte einer vor ihm stehenden Dame, die Schuhe.

Sie sah Werbeplakate für einen Boxkampf, welche schon etwas zerfleddert und an die Straßenlaternen geschnürt waren.

Laut bimmelnd fuhr eine Straßenbahn an ihnen vorbei.

Ein Junge mit Schiebermütze und Umhängetasche kam ihnen zeitungswedelnd entgegen. „Extrablatt- Extrablatt!“, schrie er dabei, „Jrundjebühr für Stromvasorgung! Det dürfen Se nich verpassen...Lesen Se noch heute...Extrablatt...Extrablatt!“....

Es knatterte neben ihnen auf der Straße. „Achnee, der Oskar mit seener NSU ...wat der wohl wieder für Neuigkeeten weeß, dat wüßt ick ooch jern.“, grinste er der irritierten Ilse zu und zeigte auf das sich entfernende Moped, auf dem eine Dame mit rotem Schal sich an dem Fahrer festklammerte.

„So, die Dame, da wärn wir ooch schon, wenn ick bitten darf“, er wollte Ilse gerade die Tür aufhalten, als diese von innen aufgestoßen wurde und eine junge Dame herauslief.
*********eber Paar
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"Gestatten, von Loewenstein!"
Henriette von Loewenstein, Anfang vierzig, großgewachsen und gertenschlank, mit einem schwarzen Bubikopf und, wie immer, wenn sie mit Georg ins „Romanische Café“ ging, nach der neuesten Mode gekleidet, entstammte einer Nebenlinie des ungarischen Adelsgeschlechts der Esterházys, war 1881 in Budapest zur Welt gekommen, dort aufgewachsen und zur Schule gegangen. Schon als Mädchen hatte sie den Wunsch verspürt, später einmal Ärztin zu werden, und so hatte sie ihren Vater nach der Matura gebeten, in Wien studieren zu dürfen, nachdem die dortige Universität 1897 erstmals Frauen überhaupt zugelassen hatte und ihnen seit dem Jahr 1900 auch ein Studium an der Medizinischen Fakultät offenstand.

Nach einigem Zögern hatte Moritz Esterházy dem Drängen seiner einzigen Tochter nachgegeben. Im Sommer 1904 war Henriette in die Praterstadt übergesiedelt, wo sie von Gräfin Mária Esterházy de Galántha, die zwei eigene Töchter in fast demselben Alter hatte, unter die Fittiche genommen und peu à peu in die Wiener Gesellschaft eingeführt worden war. Trotz der mannigfachen Ablenkungen, die das Studentendasein, aber auch die regelmäßigen Bälle und Empfänge für die lebenshungrige junge Ungarin bereit hielten, hatte sie ihr Ziel niemals aus den Augen verloren, ihr Studium im Jahr 1911 erfolgreich abgeschlossen und zwei Jahre später als eine der ersten Frauen mit einem „magna cum laude“ promoviert.

Nun war sie in Berlin, der aufregendsten Metropole Europas, das nach dem verheerenden Ersten Weltkrieg immer noch dabei war, seine neue Identität zu finden. Versonnen nippt sie an ihrem zweiten Martini des frühen Abends, den der Bartender einige Minuten zuvor vor ihr auf den Tisch gestellt hatte, wobei er sie, wie üblich, mit einem schmachtenden Blick bedachte, den Henriette, auch wie üblich, mit einem nichts versprechenden, aber charmant wirkenden Lächeln erwiderte, lehnt sich in ihrem Sessel zurück und betrachtet die zwei Männer.

Beide hatte sie schon vor dem Krieg kennengelernt. Den einen, Jakob, der fünf Jahre jünger als sie war, im Herbst 1913 in Wien auf einer Soiree, die die Gräfin Mária gegeben hatte. Die Fürstin, die von ihren Freunden liebevoll nur Misa genannt wurde, war eine bedeutende Mäzenin von Literatur und Musik schon im ausgehenden 19. Jahrhundert gewesen. Sie pflegte nicht nur enge Kontakte zu bereits etablierten Schriftstellern und Komponisten wie Artur Schnitzler und Gustaf Mahler, sondern widmete einen Teil ihrer Aufmerksamkeit auch der Förderung neu entstehender Kunstformen wie der Kinematographie und der Unterstützung der aufstrebenden Talente dieser Avantgarde-Genres. Wie eines Jakob Hinkelmann, Sohn eines ebenso unbekannten wie unvermögenden Kunstmalers aus der Wiener Leopoldstadt, der anfänglich an verschiedenen kleinen Theaterbühnen durch freche und gewagte Inszenierungen für Furore gesorgt und sich schließlich als Regisseur gänzlich dem Kinofilm zugewandt hatte. Obwohl er nicht gerade im Ruf stand, ein Kostverächter zu sein – oder vielleicht war gerade das auch der Grund, denn die schwarzhaarige Ungarin war nach den für ihre Begriffe allzu langen und allzu abstinenten Jahren des Studiums und der Promotion zu der Ansicht gelangt, einiges nachholen zu müssen –, hatte sich Henriette Hals über Kopf in eine leidenschaftliche Affäre mit Jakob gestürzt, was der Gräfin natürlich weder verborgen geblieben war noch ihr Placet gefunden hatte.

Den anderen, ihren jetzigen Gatten, hatte sie kurze Zeit später auf dem Neujahrsempfang des Jahres 1914 des preußischen Botschafters in Wien Heinrich von Tschirschky erstmals getroffen, dessen Familie mit den von Loewensteins seit Generationen freundschaftlich verbunden war. Georg von Loewenstein war im Gegensatz zu Jakob kein im klassischen Sinne schöner Mann. Von eher gedrungener Gestalt, war er ein paar Zentimeter kleiner als Henriette, sein Haupthaar hatte sich bereits frühzeitig von dem ihm angestammten Platz verabschiedet, er trug Augengläser, die ihn wie einen ihrer Professoren der Universität aussehen ließen, und er war zudem etliche Jahre älter als die heißblütige Csárdás-Fürstin, der er sich mit einem schlichten „Gestatten, von Loewenstein!“ vorgestellt hatte. Im Jahr 1869 in der preußischen Hauptstadt geboren, entstammte er einer im frühen 18. Jahrhundert in den Adelsstand erhobenen Bankiersfamilie, was in Gräfin Mária alsbald die Hoffnung auf eine vielleicht doch noch standesgemäße Verbindung der ihr anvertrauten Verwandten aufkeimen ließ.

Ohne die Amour Fou mit Jakob zu beenden, war Henriette sofort der Ausstrahlung, dem Esprit und dem Charme des selbstbewussten und weltgewandten Georg von Loewenstein erlegen, der von der Natürlichkeit und der unbändigen Lebensgier der attraktiven jungen Frau nicht minder fasziniert war. Daran änderte sich auch nichts, als Henriette ihm frank und frei von ihrer nach wie vor bestehenden Liaison mit dem Wiener Regisseur berichtete und ihn wissen ließ, dass sie auch nicht vorhabe, Jakob seinetwegen zu verlassen.
„Ich weiß nicht, ob du damit umgehen kannst, Georg“, hatte sie ihm ohne Zögern erklärt, als sie nach der ersten gemeinsamen Nacht, die sie, wie es sich gehörte, im Hotel Sacher verbracht hatten, bei einem späten Frühstück zusammen saßen, „aber ein Exklusivrecht an meinem Körper und an meiner Sexualität werde ich dir nicht einräumen, auch wenn ich mir gut vorstellen kann, mein Leben an deiner Seite zu verbringen. Kannst du es dir vorstellen?“

Georg hatte ihren fragenden Blick aufgefangen und ihn mit einem ernsten Lächeln erwidert.
„Ja, ich kann es mir vorstellen, meine Liebe“, hatte er ihr dann mit ruhiger Stimme geantwortet. „Ich bin dir dankbar für deine Ehrlichkeit und ich akzeptiere deine Bedingung. Im Gegenzug erwarte ich aber, dass es nie irgendwelche Geheimnisse zwischen uns gibt. Nur wenn du mich in dieser Form hintergehst, betrügst du mich, und dann werde ich dich zum Teufel jagen, und zwar ohne Rücksicht auf die Konsequenzen für mich oder für dich.“

© DieTraumweber, 09.01.2017
****orn Mann
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Harry (2) Ankunft in Berlin
Nachdenklich sah ich dem Moped hinterher. Da stand ich nun. Allein in einer mir fremden Stadt. Die Zugfahrt von Hamburg nach Berlin hatte ich als wohltuend und interessant empfunden, das Eisenbahnfahren in Deutschland war etwas völlig anderes als in Amerika. Das Coupè bequem und die Mitreisenden heiter und aufgekratzt. Weiche, gepolsterte Sitze, Fenster zum Öffnen und jedes Abteil hatte eine eigene Tür zum Ein- und Aussteigen. Die Dampflokomotiven waren denen in den Staaten ähnlich, der Unterschied bestand daran, dass sie öfters anhielten, es mehr Bahnhöfe gab, obwohl diese in nicht sehr großen Städten lagen, um nicht zu sagen Kleinstädten, ohne arrogant wirken zu wollen. Von Aumühle, Büchen, Ludwigslust, Wittenberge und Spandau hatte ich noch nicht gehört, obwohl kurz nach Spandau das Berliner Stadtgebiet begann. Deutschland gefiel mir auf den ersten Blick gut. Schon Hamburg hatte mir gefallen, als ich mit der „Albert Ballin“ nach 10 Tagen Atkantiküberquerung an den Landungsbrücken ausgestiegen war. Die lange Seereise in einer Kabine 2. Klasse, die ich mir gegönnt hatte, war mehr als kurzweilig, sie war aufregend und auch erregend. Von meinem amourösen Abenteuern erzähle ich gerne, sollte mein Geschichte mal ins Stocken geraten, auch von meiner Begegnung mit einem Herrn, der mich um ein Haar davon überzeugt hätte, anstatt nach Berlin, doch besser nach Venedig zu gehen.

Ich hatte mehrere Stunden Aufenthalt in Hamburg und so besah ich mir den Hafen, der zwar nur wenig mit New York gemein hatte, aber der Stadt Hamburg einen wahrlich feinen Charme verlieh. Ich schlenderte zur Alster hin, überquerte die Lombartsbrücke und betrachtete von außen sowohl das Hotel „Atlantik“, als auch das „Vier Jahreszeiten“. Wehmut packte mich, als die wundervollen Prachtbauten mein Herz berührten, und es hätte nicht viel gefehlt, und ich hätte mich auf Anhieb in die alte Hansestadt mit ihrem feinen Jungfernstieg verliebt. Doch mein Billet in der Tasche und das vorreservierte Einsenbahncoupè lenkten meine Schritte weiter gen Hamburger Hauptbahnhof. Man hatte mich gewarnt, die Deutschen seien ein sehr pünktliches Volk, auf die Fahrpläne könne man sich verlassen. Anders als in Italien zum Beispiel, so sprach mein amerikanischer Freund auf dem Dampfer, als wir in der Nordsee die Elbe in Sichtweite hatten.

Nur mit wenigen Minuten Verspätung war ich in Berlin am Anhalter Bahnhof ausgestiegen und war sofort überrascht und auch ein wenig überwältigt von den Menschenmassen, die in der zweiten Großstadt, die ich binnen eines Tages in good old Germany kennenlernte, sich tummelten und herumwieselten. Berlin war deutlich lebhafter als Hamburg. Sofort umfing mich eine Betriebsamkeit, die ich so nicht vermutet hatte und war froh, dass ich mir bereits im Zug einen ersten Überblick auf dem Stadtplan verschafft hatte, den ich bei mir führte. So wusste ich, in welche Richtung ich meine Schritte lenken musste, und wie ich nach einem Abstecher ins „Adlon“ und meiner Absage dort, zum Kurfürstendamm kam.

Berlin faszinierte mich. Sofort, das kann ich mit Fug und Recht behaupten. Es lag ein sehr bestimmtes Pulsieren in der Stadt, das ich so gut kannte, und ein ums andere mal schaute ich mich um, ob nicht ein schwarzer Ford um die Ecke gerast kam und Lucky Luciano mit einer Maschinenpistole aus dem offenen Fenster gebeugt den Todbringer auf mich angelegt hatte. Lachen Sie jetzt bitte nicht, aber auf der gesamten Fahrt nach meiner Flucht aus New York hatte ich keinerlei Gedanken an denjenigen verwendet, der mit Sicherheit mir meine Hände abhacken würde, bekäme er mich in die Finger. Die Familie der Mafia zu verlassen, ließ mich unweigerlich auf die Blutliste rücken. Da kannten die Herren keinen Spaß. Ebenso so sicher, wie sie meiner Schwester Bertha kein Haar krümmen würden, sollten sie nach mir suchen. Und das hatten sie längst getan, auch dessen war ich mir sicher.
Hier in Berlin nun aber, tauchten meine Albträume wieder auf, obwohl alles friedlich wirkte und das wohl auch war. Ich musste mich beruhigen und ablenken.

Als ich eine dieser merkwürdigen Rundsäulen vor mir sah, blieb ich stehen, legte ein Päuschen ein und besah mir die bunten Plakate. Berlin schien weit weniger prüde zu sein als New York, das erkannte ich auf einen Blick. Die Veranstaltungsplakate waren gespickt mit unverhohlen frivolen Bekanntmachungen und Versuchungen. Man war bemüht, den Betrachter zu verlocken, die Angebote sich näher anzuschauen. Fast kam ich mir nun wie ein Landei vor, nie zuvor hatte ich etwas dermaßen Offensichtliches gesehen, das weit über das reine Tanz- und Kabarettvergnügen hinausging. Clubs wie das „Eldorado“ warben ganz offen für ihre homosexuellen und lesbischen Darbietungen, etwas das in den Staaten das FBI auf den Plan gerufen hätte. Eine Transvestitenshow stand heute Abend auf dem Programm. Unglaublich! Für morgen war der „Böse Buben Ball“ angesagt. Sollte hier etwa Ausschweifung und Lasterhaftigkeit regieren? Hatten die Deutschen ihr Kriegstrauma gewandelt in gewagten Lebensstil? Ich hätte dies eher von Paris oder Amsterdam erwartet, Berlin aber zeigte dies offen, und es schien sich auch auf das Bürgertum übertragen zu haben. Was würde mich hier erwarten? Dachte ich aufgeregt und ein Kribbeln breitete sich in mir aus. Neugierig studierte ich weiter.
Kabaretts wie „Die Rakete“, „Weiße Maus“ und „Die Rampe“ warben für ihre Shows und ein Lokal namens „Topp Keller“ stand ganz offensichtlich für lesbische Gesinnungsgenossinnen. Und dann war da noch „Clärchens Ballhaus“, das mein Interesse auf sich zog, als sich unmittelbar hinter mir ein Malheur vollzog. Ein Unfall. Ein Mopedfahrer nebst hinter ihm sitzender Freundin rutschte auf dem glatten Pflasterstein aus.

So lernte ich Oskar Kowalsky kennen, der mich kurz darauf zu einer Berlinbegrüßungs-Currywurst bei Maxe einlud. Völlig verrückt, aber auch sehr herzlich, offen und entgegenkommend. Hätte ich so auch nicht erwartet. Mein erster Berlinkontakt. Und dann gleich solch ein Original. Manchmal konnte ich ihn nur schwer verstehen, den Oskar, so sehr sprach er den Berliner Dialekt. Der junge Mann schien sich bestens auszukennen in der Metropole und versprach, mir weiter zu helfen. Er empfahl mir tatsächlich, mich in „Clärches Ballhaus“ nach Arbeit umzusehen und mich dort zu besuchen.

Nun aber sorgte ich mich um eine Bleibe und entschied, anstatt sofort zu Clärchens zu fahren, mich zunächst am von Oskar erwähnten Potsdamer Platz umzusehen. Mit dem Geld, das Kowalsky mir gewechselt hatte, würde ich eine Zeitlang zurechtkommen und so sprang ich in die nächste Automobildroschke. Der Fahrer erklärte mir auf meine Frage hin, dass ich am Potsdamer Platz mit Sicherheit etwas finden würde zum Übernachten. Eine günstige Herberge seien Helmuts Fremdenzimmer, die noblere Variante das Grand Hotel „Esplanade“. Ich wählte zweites.

Nach dem „Hotel Atlantik“, dem „Vier Jahreszeiten“ in Hamburg, und dem „Adlon“ vorhin, war das „Esplande“ nun das vierte Grand Hotel, das ich heute zu sehen bekam, und das mich auf Anhieb begeisterte. Hier wollte ich wohnen, hier trat ich kurzentschlossen ein und hier behandelte man mich überaus freundlich und zuvorkommend, als ich mitteilte, ich wolle ein schönes Zimmer mit Blick auf den Potsdamer Platz und würde für drei Tage im Voraus mit Dollars bezahlen, wenn dies möglich wäre. Selbstverständlich sei dies möglich, nickte der Rezeptionist lächelnd, man habe viele amerikanische Gäste, und ich bezog Zimmer 303. Luciano sei Dank, dachte ich, und meine Stimmung hob sich schlagartig. Der Wechselkurs ermöglichte es mir, die Kosten einigermaßen gelassen zu betrachten, denn für deutsche Verhältnisse war eine Übernachtung im „Esplanade“ ganz bestimmt als teuer zu bezeichnen, für mich allerdings bedeutete dies gerade mal ein Viertel dessen, was ich in New York ausgeben würde. Tatsache war, ich brauchte eine Basisstation, von wo aus ich meine Berlinunternehmungen starten konnte. Eine andere Unterkunft würde ich mir auf jeden Fall suchen müssen, und wenn es nur irgendwo ein Zimmer war. Jetzt aber wollte ich meine Ankunft und ersten Tage genießen.

Das Zimmermädchen zog die Vorhänge bei Seite, während der Hoteljunge mein Gepäck aufstellte und ich, ich sah und … mir stockte der Atem. Der unter mir liegende Potsdamer Platz stand an Trubel, Gewusel und Straßenverkehr dem Time Square in New York nicht nach, im Gegenteil, das was ich hier sah, hatte ich überhaupt noch nicht gesehen. Ich ließ mir ein Kännchen Bohnenkaffee und Gebäck aufs Zimmer servieren und stand sage und schreibe eine Stunde vor dem Fenster im dritten Stock und sah nach unten. Die Bezeichnung „aufregendste Metropole Europas“ schien sich wirklich zu bestätigen. Der große Platz war übersät von unzähligen Straßenbahnschienen. Sechs oder sieben Straßen mündeten sternförmig auf ihm und dementsprechend kam von allen Seiten auch der Verkehr. Straßenbahnen wohin ich blickte, Omnibusse, Automobile, Pferdefuhrwerke, Mopeds. Ein sagenhaftes, bewegtes Knäuel, und mittendrin … da stand sie, wie hatte Oskar sie genannt? Die Deadlinde. Eine einsame, turmhohe Ampel. Gute 9 Yards hoch, in fünfeckiger Form. Nirgends war eine Ampel sinnvoller als hier. Und was kam sie mir seltsam vertraut vor. Hatten die Berliner sie in New York gekauft? Oder kopiert? Denn unsere Ampeln sahen dieser hier sehr ähnlich. Dass es die erste Ampel auf einer europäischen Kreuzung sein soll, wie man mir später erzählte, konnte ich einfach nicht glauben. Wie konnte eine einzige Ampel dieses Chaos da unten regeln? Es war faszinierend, und ich kam mir vor wie ein Junge, der mit glänzenden Augen beim ersten Wintereinbruch aus dem Fenster schaut.

Nach einer Weile aber zog etwas Anderes meinen Blick wie magisch an und mein Herz begann zu klopfen. Ein Geschäft. „Spirituosen Handelskontor Fritsche und Konsorten“ stand da geschrieben. Für einen Mann, der frisch der Prohibition entkommen war, ein ähnliches Wunder wie für eine Dame namens Holly Golightly, die viele Jahre später vor einem Schmuckgeschäft namens „Tiffany“ vor Wonne die hübschen dunkelbraunen Augen verdrehen sollte. Ich musste da hinein, in diesen Laden! Jetzt und auf der Stelle.


© Walhorn, Januar 2017
*****div Frau
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Ida gibt Gas
Günter konnte zwei Paar Augen nicht widerstehen. Denen von Friedel und denen von seiner Schwester. Ida nutzte es gerade weidlich aus.
„Schau, damit bin ich schnell wieder da! Es ist doch frisch betankt?“
Wimperklimper. Eigentlich hilflos, versuchte Günter immer noch abzuwehren. „Die ist doch alt, wenn Du mitten auf der Strecke stehenbleibst?“
„Du hast mir geholfen den Führerschein zu bekommen, hast für Vater unterschrieben, lass mich doch auch mit der Maschine fahren, biitte!“

Es ging einfach nicht. Chancenlos folgte Günter ihr hinters Haus und schob seinen ganzen Stolz aus dem Schuppen. Die bereits etwas betagte Maschine von Wanderer strahlte wie am ersten Tag, liebevoll gehegt und gepflegt. Dass seine Schwester damit umgehen konnte, hatte sie bereits auf mehreren Botenausfahrten bewiesen. Hosen an ihr waren auch kein unüblicher Anblick. Die ersten Versuche hatte sie noch mit Röcken unternommen, die sich aber bereits bei den ersten Metern hoffnungslos im offenliegenden Antrieb verhedderten. Seitdem gab es in ihrem Schrank eine Hose, deren Beine sie in die langen Stiefel steckte. Gegen den Fahrtwind halfen die knappe Lederjacke und die Lederkappe die sie über die Haare zog. Sie murrte nur, als ihr Bruder aus dem Schuppen auch die unvermeidliche Schutzbrille hervorzauberte.

Schon konnte sie die Freiheit der Straße genießen. Starten klappte einwandfrei. Der Verkehr war bereits dicht, aber sie hatte gelernt, mit geschicktem Spiel zwischen Gas und Bremse sich überall durch zu lavieren. Schließlich hatte sie sich von ihrer Schwägerin auch noch ein paar unfeine Berliner Flüche gemerkt und setzte diese gezielt ein, um die Straße vor sich leer zu räumen. Allerdings wurde sie eher ausgelacht. Die kleine Person auf der großen Maschine flößte keinerlei Respekt ein. Und mehr als einmal musste sie sich während ihrer Fahrt einem Wachtmeister ausweisen, dass sie überhaupt berechtigt war, motorisiert die Berliner Luft zusätzlich zu verpesten.

Vorbei am Kaufhaus des Westens fand sie ihre Wunschadresse schnell. Letztes Wochenende war sie mit Friedel hier flaniert, brav in sauberem Kleid. Dort hatte sie das Geschäft entdeckt. Ein Paradies – Hut um Hut, einer schöner als der andere in der Auslage. Wenn sie nur so viel Geld hätte, dort einzukaufen! So wollte sie sich einfach ihr Lieblingsmodell merken, um es der Hutmacherin drei Häuser weiter in der Belle-Alliance-Allee beschreiben zu können. Die hatte ihr einen guten Preis versprochen, wenn sie dafür ab und zu auf ihre Kinder aufpasste. Aber sie hatte sich einfach nicht die Details merken können. Auf jedes Detail kam es aber an, mit Sicherheit, wenn sie sich den feinen Filmleuten vorteilhaft präsentieren wollte.

Entschlossen hielt sie vor dem Geschäft an und stellte das Motorrad soweit an den Trottoir, wie irgend möglich. Nur die Brille streifte sie ab, bereits ihren absoluten Favorit im Schaufenster entdeckend. Schwarz wie die Sünde, er würde tief ins Gesicht getragen werden, hatte einen schön geschwungenen Rand, auf Höhe der linken Schläfe verzierten kurze, zusammengesteckte Pfauenfedern den Hut. Genau, als sie diese wahrnahm, hörte sie im Hintergrund Reifen quietschen und ein hässliches metallisches Geräusch. Rasch wendete sie sich Richtung Bordstein um. Und da lag es…

Der Führer des Lastkraftwagens beäugte nach dem raschen Aussteigen etwas sorgenvoll den Schaden – an seinem Fahrzeug! Der Flegel ignorierte vollkommen das umgekippte Motorrad.
„Sind Sie noch gescheit!“ schrie Ida. „Haben Sie ihren Führerschein in einer Lotterie gewonnen?“
Erst jetzt nahm der junge Mann Ida wahr … oder auch nicht wirklich.
„Deines?“ sagte er und deutete auf das seltsam verrenkt daliegende Kraftrad.
Ida sprang sofort hin und zerrte an der Maschine, brachte sie wirklich zurück auf die Räder. Aber – wie sah die jetzt aus? Auf der einen Seite hatte es eine dicke fette Beule und teilweise war der Lack abgeplatzt.
„Nein.“ Sie heulte fast.
„Schau meinen Lieferwagen an! Wenn das Motorrad nicht dagestanden hätte, wäre jetzt mein rechter Kotflügel noch heil!“
Ihr Gesicht lief rot an. Friedel ließ grüßen. Was für ein Fatzke, er hätte ja nicht auf das Motorrad fahren müssen.
„Kleiner, beruhige Dich, hier meine Karte…“ meinte er wieder einigermaßen gefasst. „Schick mir die Rechnung!“
„Kleiner? Ich gebe Ihnen gleich Kleiner!“

Wie sie jetzt anfing zu toben, bekam er nicht mehr mit. Drehte sich einfach um, setzte sich ans Steuer und fuhr rasch davon. Die Karte, die er ihr zwischen die behandschuhten Finger klemmte, fiel zu allem Unglück auch noch zu Boden. Um sie wieder aufzuklauben, musste sie erst einen der Handschuhe ausziehen. Natürlich war die Karte in einer hässlichen Pfütze gelandet und sie konnte nach dem Aufheben von seinem Namen auch nicht einen Buchstaben entziffern. Auf der Rückseite war die ihr bereits bekannte Adresse in Weißensee vom Vorstellungstermin aufgedruckt. Einer der Filmleute?

Sie musste herausfinden, wer das war, sonst konnte sie doch gar keine Rechnung schicken. Der Hut, der unschuldig schwarze Cloche mit den Federn, geriet in Vergessenheit. Schnell prüfte sie, ob der Tank eventuell leckte. Keinen Tropfen konnte sie entdecken. Dafür gab der Motor etwas lautere Geräusche als sonst von sich und vibrierte unrund. Vorteilhaft, fand Ida und lehnte sich etwas nach vorne, damit der Sattel an den richtigen Stellen vibrieren konnte.

Also auf – auf nach Weißensee, diesen unmöglichen Mensch suchen, ohne dessen Namen konnte sie sich bei ihrem Bruder mit der zerbeulten Wanderer nicht wieder zeigen..
**********osity Mann
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Blechschaden
Felix war auf dem Weg zurück von einer Einkaufstour mit seinem kleinen Lieferwagen - der ganze Stolz und unverzichtbares Hilfsmittel für den Betrieb zugleich. Er war ziemlich in Eile, denn er hatte auch leicht verderbliche Ware eingekauft - besonders der Fisch musste dringend in die Kühlung. Er bog um die Ecke, passte einen Moment nicht auf, und dann hörte er ein hässliches Knirschen. Er hielt an, um den Schaden zu begutachten - er sah das umgestürzte Motorrad, wollte aber schnell einen Blick auf den Schaden am eigenen Wagen werfen.

Just in dem Moment kam eine kleine Gestalt, schimpfend wie ein Rohrspatz auf ihn zu. Und begann die Maschine wieder in die Senkrechte zu wuchten. Beeindruckend, für so eine kleine Person. Felix war zwar klar, das der Fehler ganz bei ihm gelegen war, aber derart in die Defensive gedrängt versuchte er, die Sache herunterzuspielen und die Schuld von sich abzuwälzen.

Er blickte die Person kurz ein wenig genauer an, und ihm fielen sofort die funkelnden braunen Augen in einem hübschen Gesicht auf. Aber einmal in diesem argumentativen Fahrwasser tat er so, als hätte er nichts bemerkt und sprach sie auch noch mit "Kleiner" an, als er ihr seine Karte gab - was die junge Frau erst recht auf die Palme brachte. Großspurig verkündete er ihr, sie solle doch einfach die Rechnung schicken, er würde sich um den Schaden kümmern. Innerlich dankte er seiner Voraussicht, vor ein paar Monaten eine freiwillige Haftpflichtversicherung für seinen Wagen abgeschlossen zu haben - wenn er tatsächlich den Schaden hätte bezahlen müssen, hätte das schon ein ziemliches Loch in seine Kasse gerissen. Sein kleiner Betrieb warf zwar anständig was ab, aber so viel dann auch wieder nicht. Aber das musste die Kleine ja nicht wissen...

Als er ihr die Karte in die Hand drückte, schaute er ihr noch einmal unauffällig in die Augen, drehte sich um und stieg wieder in seinen Lieferwagen. Jetzt hatte er es erst recht eilig, der Aufenthalt war nicht gut für die Ladung.

Insgeheim hoffte er, das sie die Rechnung persönlich vorbei bringen würde, eventuell würde er sich auf seinem Terrain großzügig zeigen können und mehr über sie erfahren. Verdammt hübsche Augen, und so ein feuriges Temperament... Sie ging ihm nicht so recht aus dem Kopf, als er seinen Wagen zurück nach Weißensee steuerte - glücklicherweise ohne weitere Unfälle.
****orn Mann
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Oskar (3) Im "Romanischen Café"
Entschlossen zog Oskar das Fräulein Renate zu sich heran, strich ihr über Haar und Wange und sah ihr tief in die Augen. Sie wusste, dass er seinen Tribut von ihr einfordern würde, bevor er sich mit ihr nach nebenan begeben würde, ins „Bassin für Schwimmer“, um mit Thomas Mann zu sprechen. So gab sie sich ergeben seinem Kuss hin, sich nicht daran störend, dass sie an der Theke stehend inmitten des knackevoll gefüllten „Romanischen Cafès“ dem Drängen ihres Begleiters nachgab, und ihnen vermutlich eine Menge Leute zusahen. Was eh einerlei war, denn im Berlin dieser Tage gab es nichts, was es nicht gab. Oskar war ein guter Küsser, er fiel nicht gierig über sie hier, sondern eroberte gefühlvoll ihre Sinne, die dem Fräulein die Ihrigen schnell schwinden ließ, und sie sich nur zu gerne dem frechen Kerl hingab, der genau wusste, was er da tat.

„Und nun, meine liebe Renate, auf nach nebenan!“, sagte er kurz darauf lächelnd und mit blitzenden blauen Augen zu der nach Atem ringenden. Schon sah sie sich mitgezogen, schaffte es soeben noch, sich mit einer Hand das kurze rote Haar zu richten, dann stand sie mit Oskar zusammen bei Eberhard, dem heutigen Wächter zwischen Schwimmern und Nichtschwimmern.

„Ebi, mein Lieber“, grüßte Oskar den Wächter. „Alles jut?“
„Ja da schau her, der feine Herr Oskar, welch ein Vergnügen. Du wirst schon sehnsüchtig erwartet.“ Eberhard Burgleitner stammte ganz eindeutig nicht aus Berlin. Sein Wiener Dialekt war unüberhörbar und mit Stolz vorgetragen. Oskar stand im Türrahmen und sah sich in dem deutlich kleineren, zweiten Saal des Cafès um. Auf Anhieb erkannte er den schlanken, hochgewachsenen Mann mit der signifikanten randlosen runden Brille. Thomas Mann saß, tadellos gekleidet, an einem der gut 20 Marmortischchen. Neben ihm der Bekannte von Oskar, der ihm den heiklen Auftrag verschafft hatte, ein kleines Tütchen mit weißem Pulver zu besorgen. Die Herren waren in ein ernsthaftes Gespräch vertieft, so schien es.

Wie immer war die duster wirkende, schwere Räumlichkeit taghell erleuchtet, und so hatte Oskar keine Mühe, auch den zweiten Gast seines Interesses ausfindig zu machen. Jakob Hinkelmann saß weiter hinten an einem Wandtisch. In seiner Begleitung ein Paar, von dem besonders die Dame Oskars Aufmerksamkeit anzog.
„Sieh da“, sagte er leise zum Bassinwärter. „Sind das nicht die von Loewensteins? Henriette und Georg? Zusammen mit Jakob Hinkelmann? Wie es aussieht stehen sich die drei nahe. Sehr nahe sogar.“
Oskar, der ein ausgesprochen feinfühliges Gespür für erotische Schwingungen besaß, spürte sofort, welcher Art das Dreierverhältnis gestrickt war. Er und Henriette waren sich schon einmal begegnet, er wusste, dass die attraktive Dame edlen Geblüts entsprang. Interessiert sah er zu ihr hin. In dem Moment hob Frau von Loewenstein den Blick, sah zu Oskar hinüber, erkannte ihn und nippte an ihrem Martini. Ein wissendes und erkennendes Lächeln umspielte ihre Lippen, bevor sie sich wieder ihren beiden Herren zuwandte.

„Eberhard“, sagte Oskar leise. „ Jetzt wird mir einiges klar. Jakob Hinkelmanns neuer Film wird mit Sicherheit wieder für großen Gesprächsstoff sorgen. Ich will die drei jetzt nicht stören. Versuche du doch bitte, noch ein paar nähere Informationen heraus zu bekommen und stelle Fräulein Knark und mich nun dem Herrn Mann vor. Ich habe da etwas für ihn.“

Dezent kramte Oskar in seinem Stoffbeutel, zog die Erstausgabe des neuen Thomas Mann-Romans „Der Zauberberg“ hervor, legte den Beutel bei Seite und platzierte unauffällig das Kleine Tütchen in die Innenseite des Buchdeckels. Sodann wurden sie von Herrn Burgleitner an den Tisch geführt. Thomas Mann erhob sich – er überragte Oskar fast um Haupteslänge – schloss den Knopf seines Jacketts und küsste Renate die Hand. Das Fräulein errötete und tat einen Knicks. Sodann lud der Schriftsteller die Überraschungsgäste ein, doch Platz zu nehmen, nachdem der Freund ihm ein paar Worte ins Ohr geraunt hatte. Oskar zog zunächst seine Schiebermütze, hielt diese in den Händen, und richtete die Aufmerksamkeit auf die Erstausgabe des Romans. Er erntete von dem berühmten Gegenüber einen bewunderten, ernstgemeinten, erstaunten Blick, begleitet von einem: „Donnerwetter, verehrter Herr Oskar, das nenne ich wohl eine gelungene Überraschung. Meinen gebührenden Respekt für Ihr Organisationstalent.“
„Wenn Sie mir die Ehre erweisen würden, sehr geschätzter Herr Mann, und mir eine kleine persönliche Widmung auf die erste Seite schreiben würden, wäre ich Ihnen zutiefst verbunden und überaus glücklich. Ich bin ein großer Bewunderer Ihrer Werke.“

Oskar hielt ihm das Buch entgegen und Mann zückte einen Füllfederhalter, drehte am Kopfende einen kleinen Knopf und öffnete das Buch. Mit keinem Wimpernzucken ließ er erkennen, was er entdeckte, zog das Tütchen mit der linken Hand hervor, verbarg es und schrieb mit der rechten eine persönliche Widmung für Oskar. Worte, die das Berliner Organisationstalent für immer in sich tragen würde, und die dafür sorgten, dass Oskar dieses Buch nie wieder hergab, sondern bis zu seinem Tod behielt.
„Fantasie haben heißt nicht, sich etwas auszudenken, es heißt, sich aus den Dingen etwas zu machen.“
Für den sehr geschätzten Oskar Kowalsky aus Berlin.
Ihr
Thomas Mann.

Bald darauf empfahl sich Oskar, Renate hingegen wurde gebeten, noch ein bisschen am Tisch zu verweilen, zweifelsohne hatte das kecke Fräulein die Aufmerksamkeit der Herren erregt.

Oskar indes schlenderte zurück in das Nichtschwimmerbecken, warf Eberhard noch ein Kopfnicken auf die Dreiergesellschaft von Loewenstein-Hinkelmann zu, welches der Bademeister des Lokals erwiderte, dann galt seine Aufmerksamkeit einer Dame, die noch immer an dem Pfeiler gelehnt Ausschau hielt. Entschlossen trat er auf sie zu.
„Guten Tag, mein schönes Fräulein! Darf ich es wagen? Sind Sie neu in der Stadt? Ich habe Sie hier noch nie gesehen. Ist Ihnen nicht ganz wohl? Sie sehen ein wenig blass um Ihre Nase herum aus. Begleiten Sie mich an die Theke.“

Es war Kowalsky nicht fremd, dass Unbekannte ihn um einen Gefallen baten, auch Damen aus gutem Hause, doch was das hübsche Fräulein ihm da offenbarte, zog ihm fast die Schuhe aus und er bemühte sich, seinen Berliner Dialekt zu verbergen, und der Dame vornehm zu begegnen. Denn ihm lag ein verblüfftes: Wat wolln se von mir? Ick glob et nich, wa! auf den Lippen, doch er beherrschte sich, entgegnete stattdessen:
„Darf ich in bescheidenen Worten rekapitulieren, Fräulein Zeller, Sie suchen mich im Auftrage der mir bekannten und überaus geschätzten Frau Berbert auf? Ja ist es denn wahr! Und stellen mir in Aussicht, auf einer ihrer Soirees teilzunehmen? Einer Privataudienz im Kreise Gleichgesinnter, nach der halb Berlin sich sehnt? Wenn es mir gelingt, etwas aufregend Außergewöhnliches zu einem sehr guten Preis zu besorgen? Ich will nicht länger Oskar heißen, wenn mir dies nicht gelänge, Fräulein Grete, wenn ich Sie so nennen darf.“

„Oh, werter Herr Oskar!“, hauchte das Mädchen errötend. „Darf ich Sie denn auch bei Ihrem Vornamen nennen? Sie versetzen mich in Freude. War ich doch über die Maßen unsicher, ob es mir gelingt, meinen ersten Auftrag wunschgemäß zu erfüllen, den Frau Berbert mir auftrug.“

„Wenn ich zusammenfassen darf, und ich versichere Ihnen, ich schreibe mir niemals etwas auf, sondern habe alle Aufträge, die ich zu erledigen habe, seien sie auch noch so bizarr, fest in meinem Kopf gespeichert. Es handelt sich um den Wunsch, für Anita etwas Aufregendes zu besorgen?“

Was könnte das wohl sein, dachte er, vielleicht Frau Berberts Lingerieschublade ein wenig aufzufüllen? „Ein feiner Auftrag, dem ich sehr gerne nachkomme, Fräulein Grete. Die zweite Sache betrifft den üblichen Nachschub.“

Dass es sich um ein gewisses weißes Pulver handelte, das mithelfen sollte, die Gesellschaft in frivoles Treiben zu versetzen und den Herren ihr hartes Stehvermögen zu verlängern, verriet er indes nicht. Für solche pikanten Vertraulichkeiten war ihm Grete noch zu fremd. Stattdessen fragte er nach:
„Was sagen Sie? Es werden an die 30 Gäste erwartet? Dies bedarf auf jeden Fall einer Vorauszahlung, das möchte ich an dieser Stelle ergebenst anmerken. Und was den Alkohol betrifft und vielleicht auch die Zubereitung dessen durch professionelle Hände in feinschmeckende Drinks, so habe ich möglicherweise jemanden an der Hand. Einen Amerikaner. Wie es aussieht versteht der sein Handwerk mit viel Geschick, und ich ahne, dass diesem Herrn, Harry sein Name, eine sehr bewegte und höchst interessante Vergangenheit anhaftet, die Frau Berbert in Entzücken versetzen wird.“

Anita Berberts Soirees waren Oskar natürlich zu Ohren gekommen, Leidenschaft war noch die dezenteste Beschreibung dessen, was es dort zu erleben gab, exzessive Ausschweifungen bezeichnete es schon eher. Auch diese Gedanken behielt er für sich, wollte das Mädchen nicht unnötig schrecken. Sie würde schon von selbst auf die Besonderheiten ihres neuen Arbeitsplatzes kommen, und es blieb abzuwarten und ihr überlassen, ob ihr dies gefiel oder nicht. Noch konnte er die süße Blonde nicht wirklich einschätzen, es galt, achtsam und zurückhaltend zu bleiben, zumal hier an diesem Ort die Wände Ohren besaßen.

Oskar wollte vertraulich seine Hand auf Gretes Knie legen, besann sich aber, und fuhr fort: „Was Sie mir da aber als besondere und sehr spezielle Überraschung auftragen, verehrtes Fräulein Grete, da habe ich vielleicht eine Idee. Es wird nicht einfach zu besorgen sein und stellt auch mich vor eine große Aufgabe, doch wenn dies meine Eintrittskarte sein sollte, mit dabei zu sein, dann ist die Smokingfrage ein sehr geringes Problem.“




© Walhorn, Januar 2017
*********ynter Frau
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Richard Osward (1)
Richard Osward war bewundernde Blicke gewohnt. Sie galten sowohl ihm, dem schneidigen, erfolgreichen und stets seiner Zeit voraus agierenden Regisseur als auch seinem ganzen Stolz, dem Mercedes Benz 28 95 HP Sport Phaeton, den er gerade vor dem „Romanischen Café“ geparkt hatte. Sofort bildete sich um den imposanten Wagen eine Menschentraube – wie immer, wenn er damit in Berlin unterwegs war.
So manch ihn anschmachtende Dame, überreichte ihm dann dezent ihr Kärtchen zusammen mit ihrem Autogrammwunsch und am Ende des Tages hatte er Mühe, die vielen Namen und Telefonnummern den hübschen Gesichtern seiner Erinnerung zuzuordnen. Sehr gern ließ er sich auf das eine oder andere unverbindliche amouröse Abenteuer ein, doch mehr als eine einmalige Beglückung oder gar etwas Festes dürften sie dabei nicht von ihm erwarten.
Er hatte dabei so eine Ahnung, dass massenhaft gebrochene Herzen seinen Weg pflasterten, doch es war sein festes Prinzip, sich niemals einfangen und einengen lassen. Von kleiner. Deshalb schenkte er den Damen direkt noch vor Beginn der leidenschaftlichen Aktivitäten reinen Wein über sich ein. Wer dann noch immer seinen Schwanz spüren wollte, tat dies herzensmäßig auf eigene Gefahr.

Eine einzige Ausnahme hierbei stellte für ihn Anita Berbert dar. Sie war aus demselben Holz wie er geschnitzt, wenn es um ihre Freiheit und die Auslebung sexueller Freizügigkeit ging. Dabei hinreißend attraktiv und kreativ im Ersinnen neuer erotischer Spielchen. Sie fesselte ihn nicht nur mit ihren Seilen. Gerade experimentierten sie zu dritt mit bizarren Rollenspielen. Das machte ihn so an und er konnte gar nicht genug davon haben. Mit Anita zusammen gab es keine Langeweile und dabei war die Dritte im Bunde, Susanna, sicher nicht unbeteiligt. Allerdings war diese eher netter Zierrat. Mit ihr allein hätte er sich nie abgegeben.

Und dann war da noch dieses neue Mädchen im Hause –Grete.
Sie verströmte dieses atemberaubende und süchtig machende Aroma der Unschuld, welches in einfach jedem Mann den brünstigen Hengst weckte. Sie war noch ein unbeschriebenes Blatt und der Erste, der ihren schönen Körper in Besitz nähme, würde sie nach seiner Vorstellung formen können.
In eine langweilige Ehefrau oder in eine aufregende Femme fatale.
Letzteres war ein äußerst reizvoller Gedanke für ihn. Er wollte ein entscheidender Teil in ihrer Entwicklung sein und er wollte sie zuerst genießen. Gefühle hatte sie für ihn bereits, das spürte er jedes Mal, wenn sie sich begegneten.

Auch aus diesem Grund hatte ihn sein Weg heute zum „Rachmonischen“, wie es auch im Volksmund genannt wurde, geführt. Hoffte er doch, dort das Produzentenpaar von Löwenstein zu treffen, um sein Interesse an ihrem noch nicht offiziell bekannt gewordenen neuen Projekt kundzutun und auf diesem Wege eine Art der Beteiligung zu erreichen.
Die Buschtrommeln funktionierten, Berlin war trotz seiner Größe eben immer noch ein Dorf und niemand konnte sich einbilden, ein Projekt dieser Größe und Bedeutung geheim halten zu können. Doch kam er dabei aber nicht als Bittsteller für einen Job, sondern eher als möglicher Investor, war er doch auch über seine Lichtspielhäuser durchaus wohlhabend. Die Gerüchteküche brodelte bereits und man munkelte, dass die Agentur Paetsch bereits mit einem ersten Sichten der in Fragekommenden Besetzung beauftragt sein könnte.

Leichtsinnigerweise hatte er an jenem verhängnisvollen Abend bei Anita im Salon bereits vor Grete und den anderen damit gegakst und nun war er in Zugzwang. Normalerweise war das ja nicht seine Art, aber an diesem Abend war er in seltsam gelöster Stimmung gewesen. Anita hatte mit ihrem nackten Auftritt vor dem erst sprachlosen Otto Dix sicherlich dazu beigetragen (dessen Gesicht als die Gute ihr Kleid einfach so fallen ließ und ihm sagte, er solle sie mal völlig anders malen als üblich, würde er so schnell nicht vergessen) und dann stand plötzlich dieser blaugekleidete Engel vor ihm.

Wie immer war der Laden brechend voll und er musste sich einen Weg zwischen der Theke und der ersten Tischreihe in Richtung des "Schwimmerbassins" bahnen als plötzlich jemand ungestüm mit ihm zusammenstieß und er voller Überraschung in das erschrockene Gesicht Gretes blickte.
Augenblicklich lief sie rot an (wie charmant!) und entschuldigte sich wortreich für ihr Missgeschick. Er freute sich so sehr sie zu sehen, dass er im ersten Moment, Oskar Kowalsky ihr gegenüber, gar nicht wahrnahm. Auch war das Gespräch mit den von Löwensteins auf einmal nicht mehr so dringlich. Vielmehr war es die ersehnte Gelegenheit, mit dem bezaubernden Fräulein Zeller, einige Zeit allein und außerhalb Anitas Reichweite zu verbringen.

Er nutzte die Gelegenheit und fragte sie, ob er sie in seinem Wagen nach Hause bringen dürfte und sie war zunächst sprachlos. Ob es daran lag, dass er sie noch immer fest in seinen Armen hielt, die er reflexartig bei dem Zusammenstoß um sie gelegt hatte?
Es schien als habe sie Probleme, sowohl mit ihrer Stimme als auch mit ihrer Atmung. Denn sie antwortete nicht, während ihr Herz unterhalb seines Armes hektisch pochte.
Eine gefühlte Ewigkeit standen sie so.
Das laute Stimmengewirr im Café, die Geräusche des klappernden Geschirrs und die Welt um sie herum war nicht mehr existent. Es gab nur noch sie beide hier, in diesem magischen Moment.

Seine Lippen näherten sich den ihren wie unter einem Bann, immer näher und näher. Ihre Augen hatten einen verlockenden Glanz und begannen sich in Erwartung des Kusses zu schließen. Kein Widerstand kam von ihrer Seite. Ihre Körper reagierten auf einander als hätten sie niemals etwas anderes getan. Er fühlte seine Lenden sich mit prallem Leben füllen und ihre Knospen sich unter dem neuen Kleid, diesmal in Rot und sehr verführerisch, härten.
Er wollte seine Hand unter ihr Kleid gleiten lassen und die zarte Haut ihrer Schenkel fühlen. Im weiteren Verlauf, die Festigkeit ihrer Brüste spüren und mit seinen Fingern ihr gewiss lustvoll geflutetes Möschen erkunden. Jetzt und hier!
Ihre Lippen waren nur noch Millimeter voneinander entfernt und sie Wachs in seinen Händen…als eine Pranke auf seine Schulter klopfte.

„ Einen schönen guten Tag Herr Osward! Wie gut, dass ich Sie hier treffe! Ich hätte da eine Frage, es passt Ihnen doch gerade?“, fragte eine männliche Stimme.
(c) Nina de Wynter 11.01.17
*********eber Paar
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Man kennt sich...
Jakob beobachtet wie Henriettes Gedanken in die Vergangenheit abwandern und ein selbstvergessenes Lächeln auf ihr Gesicht zaubern.
Er erinnert sich noch gut an den Abend, an dem er Henriette auf der Soiree ihrer Tante Misa kennenlernte. Henriette war ihm, als sie beim Tanze über Misas Hund stolperte, buchstäblich zu Füßen gefallen, und später, sehr zum Unwillen ihrer Tante und seiner Gönnerin, auch in sein Bett.
Es war eine Amour Fou, die beide sehr genossen und die auch, zu Jakobs Überraschung, nicht endete, als Henriette Georg von Loewenstein kennen und lieben lernte und schließlich heiratete.

Sie haben immer viel Spaß miteinander gehabt und er liebt ihr ungarisches, überschäumendes Temperament, ihren Sinn für Humor und ihre Intelligenz. Mehr als eine Nacht haben sie einfach nur über ihre Berufe, Politik oder die neuesten literarischen Erscheinungen diskutiert. Ebenso oft wälzten sie sich aber auch, an ihre Lust verloren, in den Federn. Ihre Wege trennen sich erst, als Henriette Georg von Loewenstein nach Berlin folgt und er selbst zum Kriegsdienst eingezogen wird.

Persönlich hat er bis dato Henriettes Angetrauten nicht kennen gelernt. Das soll sich jedoch ändern, als er kurz vor Kriegsende mit einer schweren Beinverletzung in einem Lazarett in Bad Saarow vor den Toren Berlins landet. Sein Mitpatient in dem lichtdurchfluteten Krankenzimmer mit Blick in den parkähnlichen Garten und Balkon, ist kein anderer als Georg von Loewenstein.
Trotz ihres unterschiedlichen sozialen Standes, fünfzehn Jahren Altersunterschied und grundverschiedener politischen Ansichten haben sie sehr schnell einen Draht zueinander gefunden. Beide teilen sie die Liebe zu schönen Frauen, hier besonders zu einer, und ihre Begeisterung für bewegte Bilder.

So entwickelt sich in den Wochen ihrer Genesung und den Jahren danach eine stabile Freundschaft und Ménage à trois, die schon manchen Höhen und Tiefen getrotzt hat.
Einige Jahre hat Jakob bei Henriette und Georg in deren Villa in der Lindenallee, nahe des Branitzer Platzes, im vornehmen Westend gewohnt, bevor er im vergangenen Jahr in seine eigene Villa im Jasminweg, ebenfalls im Westend gelegen, gezogen ist.

Das zu Charlottenburg gehörende Westend zählt seit den 1860er Jahren zu den vornehmsten Wohnvierteln der Stadt. Hier leben Künstler, Schriftsteller, Verleger, gut situierte Geschäftsleute und Bankiers. Zu ihrer Nachbarschaft zählen die junge Lilian Harvey, der Architekt Erich Mendelsohn, die Schauspielerin Marlene Dietrich, die gerade dabei ist, sich einen Namen zu machen, sowie der Verleger Bruno Casirer, der am Branitzer Platz sein Domizil hat.

In diesem Moment entsteht einen leichte Unruhe an der Tür zum Bassin der Nichtschwimmer, und Jakob beobachtet wie Oskar Kowalski, dieser kleine Gauner, mit Eberhard, der heute Türdienst hat, tuschelt, dabei seine Blicke durch den Raum schweifen lässt, der immer noch in Erinnerungen gefangenen und lächelnden Henriette zunickt und sich dann, mit seiner kleinen Freundin im Schlepptau, auf den Weg an den Tisch von Thomas Mann macht.
Henriette nickt gedankenverloren zurück, ohne zu realisieren, wer sie da gegrüßt hat. Oskar Kowalski hatte Henriette vor einiger Zeit im Scheunenviertel eine Droschke besorgt, als diese sich den Fuß verstaucht hatte und nicht mehr weiter konnte.
Auch Georg von Loewenstein ist diese kleine Szene nicht entgangen, aber er kennt seine Frau gut genug, um sich keine weiteren Gedanken darüber zu machen.

Kurz darauf werden die Blicke der Männer von einer Szene im Nebenraum abgelenkt, die ihr Interesse weckt.
Dort steht Richard Osward mit einer wirklich jungen und ausnehmend hübschen Blondine im Arm und scheint die Welt um sich herum vergessen zu haben.
Erstaunt sehen sich Jakob und Georg an, wenden sich aber dann wieder ihren eigenen Belangen und Henriette zu.

„Wir sollten langsam aufbrechen und zu uns nach Hause fahren“, bemerkt Henriette. „Ich möchte zu gerne Rutmanns Drehbuch lesen. Ich bin schon ganz neugierig darauf.“
Von rechts und links legen Jakob und Georg jeder eine Hand auf Henriettes Knie und grinsen sie an. „Unsere Miss Ungeduld“ bemerkt Jakob, und nebenbei auch eine willkommene Regung in seiner Hose. „Wo hast du das Manuskript überhaupt her, Georg?“ Georg, der offensichtlich ähnliche Gefühle verspürt, antwortet mit einer rauen und leicht belegten Stimme „Das Manuskript hat mir Bruno Casirer überlassen. Er war ganz begeistert davon. Und du weißt, Bruno ist so schnell nicht zu begeistern.“
„Bruno ist ein kritischer Kopf, da hast du recht. Wenn er also so begeistert ist, dann lass uns sehen, was wir da haben und daraus machen können, und wo er schon mal da ist, können wir bei Osward mal nachfragen, ob er an einer Investition interessiert ist“, erwidert Jakob und winkt gleichzeitig dem Bartender, dass sie zahlen wollen.
Während Jakob die Rechnung begleicht, hilft Georg seiner Frau in den Mantel. Henriette schmiegt sich an seine linke Seite und bedeutet Jakob, sich an ihre rechte zu gesellen. Gut gelaunt durchqueren sie das Bassin für Nichtschwimmer und halten bei Richard Osward inne, der immer noch in den Anblick der jungen Dame versunken ist.

Von Loewenstein legt Osward seine rechte Hand auf die Schulter. „Einen schönen guten Tag, Herr Osward! Wie gut, dass ich Sie hier treffe! Ich hätte da eine Frage, es passt Ihnen doch gerade?“


© DieTraumweber, 11.01.2017
*****cat Paar
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Ilse und Franz
"So, die Dame, da wärn wir ooch schon, wenn ick bitten darf“, er wollte Ilse gerade die Tür aufhalten, als diese von innen aufgestoßen wurde und eine junge Dame herauslief.

~~~~~~~

„Hoppalla, Froileinchen,“ rief Franz erschrocken und blickte der jungen Dame hinterher. Dann besann er sich wieder und hielt Ilse die Tür auf.

Ilse ging an ihm vorbei ins Innere der Kneipe.
„Hallo Justav“, begrüßte Franz noch in der Tür stehend, den Wirt hinter der Theke, „mach uns mal zwee Mal Weiße mit Strippe.“
Der Angesprochene drehte sich um und goß zwei Schnäpse in Korngläser und zapfte dann das Weißbier in eine halbkugelförmige Schale mit langem Stiel.
„Was ist denn das da für Schnaps?“, fragte Ilse den Wirt. „Kümmel!“, brummte dieser.
„Entschuldigung- könnte ich wohl statt des Schnapses Waldmeister- oder Himbeersirup bekommen? Das hat mir sehr gut geschmeckt.“ „Brrr...Weiße mit Schuß“..schüttelte sich Franz, „dat is mir imma viel zu süß...“
Ilse lächelte ihn entschuldigend an. Gustav nahm das zuviel eingeschenkte Schnapsglas und leerte es in einem Zug.
„Na det lob ick mir“, feixte Franz, „da trinkt der Wirt die Jetränke selba aus, wa“

Sie bekamen die bestellten Getränke und setzten sich an einen kleinen Tisch in der Ecke.
„Sach mal Justav, kennste hier jemanden, der n kleenes Zimmer vamietet oder ne Peng-schon?“
„Musste raus aus deiner Bude?“, grinste der Wirt. „Nee...für det Froilein hier“, erklärte Franz.
Gustav sah man das angestrengte Grübeln an. „Nee..aber ick kann mich mal umhören.“ Er wischte mit einem Geschirrhandtuch an Gläsern herum und verschwand dann in dem anschließenden Raum hinter der Theke.

Ilse erzählte Franz von ihrer Ausbildung an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg-Uhlenhorst am Lerchenfeld. Die Lage und Länge des Backsteinhufeisenbaus ermöglichte die Unterbringung vieler Ateliers auf mehrern Etagen. Sie berichtete von Johann Michael Bossard, der ihr die Bildhauerei näher gebracht hatte. Das Wandgemälde von einem ihrer weiteren Professoren, Willy von Beckerath, hatte sie bestärkt Bühnengestalterin zu werden.

Franz hatte ebenfalls eine Menge zu erzählen und ebensoviele neugierige Fragen.
Er assistierte zum Beispiel Karl Freund, der sich 1919 mit seiner Karl Freund-Film GmbH selbständig gemacht hatte und zu einem der berühmtesten Kameramänner überhaupt zählen würde.
Dieser sei der Entwickler der „entfesselten Kamera“. Seine Kamera sei eben nicht mehr starr, sondern konnte zum Beispiel auf ein Fahrrad montiert werden oder an eine Art Seilbahn, an Kräne, Schaukeln und sogar an den Schauspielern selbst.. Das Befestigen und Anbringen sei nun seine Aufgabe dabei. Ilse staunte entzückt.
Die Zeit war kurzweilig aber es wurde immer später. Leute kamen und gingen, die Luft wurde durch schweren Zigaretten- und Zigarrenrauch immer schwerer.

Ilse hatte inzwischen ihre vierte Weiße getrunken und noch immer hatte sie keine Unterkunft.

„Weeßte was? Du kommst erst mal zu mir. Ick hab ne kleene Bude. Klein aber fein- . Morjen schaun wir dann weiter. Jeht dit?“
Ilse zog eine Schnute, willigte aber ein.

„Ick wohn anner Ostsee“, prahlte Franz nach dem Bezahlen, beim Rausgehen. Ilse lachte: „Uii, das ist aber noch weit.“
„Ne jar nich...n halbet Stündken und wir sind da, wenn wir janz jemütlich jehn und n viertel Stündken, wenn wir die Elektrische nehm.“
„Dann lass uns Strassenbahn fahren“, entscheid Ilse und sie stellten sich an die Rennbahnstrassen Haltestelle.

Die Angaben stimmten und Franz steckte den Schlüssel ins Schloss, seiner Wohnung in der Ostseestrasse.
Die Wohnung war klein aber fein- wie Franz vorher schon gesagt hatte. Es gab eine winzige Küche in der hinter der Tür ein Vorhang mit einer Dusche war. In der Stube stand ein etwas abgenutztes Sofa, ein Tisch davor und ein Stuhl. Ein kleines Regal mit Lampe und dann gab es noch einen kleinen Raum, in dem sein Bett stand. Ein Kleiderschrank verdeckte das einzige Fenster fast zur Hälfte.

So kam es, dass Ilse eigentlich in die Stube wollte, um ihren Mantel abzulegen, während Franz versuchte in die Küche zu schlüpfen und sie sozusagen im Flur steckenblieben. Eingequetscht Bauch an Bauch und die Vertrautheit, die sich inzwischen aufgebaut hatte, im Zusammenspiel mit der Berliner Weiße und der Ereignisse des ganzen Tages, ein Knistern und Funken herraufbeschwor, welche für beide nicht nur völlig unerwartet kam, sondern sofort in leidenschaftliche Energie umgewandelt werden musste. Franz schaffte es gerade noch die Wohnungstür mit dem Fuß zu schließen und gleichzeitig den Koffer fallen zu lassen. Dann fielen die beiden quasi übereinander her. Ihre Lippen trafen sich zuerst, während ihre Hände den Körper des Gegenübers ertasteten und irgendwo Halt suchten... Dass sie viel zu viel an hatten, wurde ihnen bewußt, als es immer heißer wurde.
Ein regelrechtes Brodeln unter einem pulsierenden Vulkan war entfacht....


Nur Momente einer Ewigkeit später, lag Ilses Mantel auf dem Fußboden der Stube, beider Schuhe im Flur, Franz Hemd war auf dem Küchentisch gelandet, seine Hose auf dem davorsehenden Stuhl, Ilses Kleid hatte es noch in den Türrahmen des Schlafzimmers geschafft, ihre Strümpfe hingen über dem Türdrücker, ihr BH lag mit ihrem Höschen vor dem Bett.

Franz Kopf war nach tausenden von Küssen über Ilses bebenden Körper zwischen ihre Schenkel gerutscht und bescherten der Schweratmenden wunderschöne Empfindungen.
*****div Frau
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Wenn der Günter mit der Friedel...
Warum stand denn die Türe vom Schuppen offen? Friedel wollte nur rasch einen Lappen aus der Altkleiderkiste holen, um die Kupfertöpfe besser polieren zu können. Hatte sie sich also nicht verhört. Ida war wieder siegreich und Günter einfach viel zu nachgiebig. Das Motorrad stand nicht an seinem Platz. Kopfschüttelnd beugte sie sich hinunter, musste erst die Kiste öffnen. Ihr üppiger Busen drängte sich gegen ihre Schürze und im Vorbeugen würde er aus dem Kleid hüpfen, wäre eben nicht der beige Stoff, der die Brüste bändigen konnte.

Günter dachte eben etwas ganz anderes. Er stand in der Tür und blickte auf das runde Hinterteil seiner Angetrauten. Diese Backen! Er sah sie bereits ohne Stoff: Wie sie im Bemühen, etwas aus der Kiste zu holen, jetzt noch mit ihnen wackelte, wurde ihm heiß und kalt gleichzeitig. Er malte sich die Grübchen aus, die sie an einer entzückenden Stelle am Rücken hatte. Himmel, zu genau diesen Grübchen wollte er jetzt. Beherzt machte er zwei Schritte nach vorn und schob entschlossen ihr Kleid nach oben; die Schürzenbänder löste er, die brauchte sie jetzt nicht mehr. Kein Protest, eher ein – ja, wirklich – sanftes Schnurren antwortete ihm. Der Anblick gab ihm Recht, zwei süße Pobacken, noch halb bedeckt durch ihren Schlüpfer, der seine Hand nicht daran hindern konnte, auf Wanderschaft zu gehen. Er mochte dieses Gefühl von dem letzten Stück Stoff auf ihrer Haut. Er war so: Der gewissenhafte, starke, etwas zurückhaltende Günter, dessen Augen immer etwas nachdenklich schienen. Zu ihm war Friedel nie zänkisch, wusste sie um die Magie genau dieser Augen, der starken sanften Hände, der ruhigen Worte, die ihren Leib ins Schwingen brachten. Ein Zittern spürte er unter seinen Händen, hielt inne, ließ sie sich abstützen.

Für ihn war sie ein guter Grund, seine Zelte in seiner Heimat abzubrechen und in Berlin zu bleiben. Auch jetzt, als sie sich vorsichtig aufrichtete, umdrehte zu ihm. Ihr Kleid war nur ein Fähnchen, beim Arbeiten wurde ihr immer rasch warm. Fixierte seine dunklen Augen und fuhr sich mit einer Hand an ihren Nippel, wie zufällig, massierte ihren Busen dabei und beobachtete ihn weiter. Sprach selbst von ihren Nippeln, mit der spröden heiseren Stimme der Berlinerin. Provozierte ihn, das war er nicht gewohnt von seiner kleinen Stadt. Die Frauen in seiner alten Umgebung galten als züchtige Töchter ihrer Familien und senkten brav den Kopf vor dem Kirchgang. Danach allerdings… Innerlich schüttelte er den Kopf: Es gab immer eine, die dann doch einen Blick riskierte, aber die wollte er nicht. Bis er auf dieses Berliner Gewächs gestoßen war. Hinter der rauen Fassade so weich und voller Hitze. Er spürte sie, wie er jetzt wieder um sie griff und seine Hände auf ihrem Po Ansatz platzierte. Fester.
Diese Geste, einfach zu zupacken, liebte sie. Wenn das früher einer versucht hatte, hatte er sich sogleich eine hübsche Backpfeife eingefangen! Prüde sein konnte sie sich als Wirtstochter zwar nicht erlauben. Aber zu ihrem Heiligsten hatte nur dieser zu Anfang noch etwas ungehobelte Mensch mit der tiefen grollenden Sprache Zugriff bekommen. Das Berühren der Figüren mit den Pfoten ist verboten. Ein eingemeißelter Spruch, den jeder beherzte.

Seine Finger brannten sich gerade durch den Stoff, aber sie tat alles, um zu löschen. Langte nach hinten und brachte seine Hand dahin, wo sie sich eine Feuerwehr erhoffte. Bereitwillig folgte er ihr, legte die Hand auf feuchten Stoff. Nur bei ihr konnte er das. Liebte es und drängte sie vorsichtig zu einem zweiten Kisten Stapel. Hob sie kurz darauf, schob sich zwischen ihre Beine, den aufsteigenden Duft inhalierend. Schüttelte den Kopf und drehte sich rasch weg. Ihr entschlüpfte ein enttäuschter Seufzer.
„I sperr nur zua, dass niemand eini kimmt.“ In seiner Erregung fiel er wieder in seine Heimatsprache. Rasch sperrte er die Schuppentüre mit einem Riegel zu. Nur noch durch die Ritzen fiel Licht. Genau auf Friedels strahlendes Gesicht.
„Du bist mir ja eena!“ lachte sie, und begann sich rasch aus ihrer Kleidung zu schälen. Das Kleid ließ er noch zu, aber sobald sie begann, an ihrer Unterwäsche zu nesteln, kam ein „Loaß mi!“ von Günter und sie ließ ihn gewähren. Das war schon von Anfang so, eines ihrer Rituale, er konnte das, selbst wenn es pressierte, wie er zu sagen pflegte.

„Komm her, ganz nah, noch näher…“ Auch heisere Sirenen können locken. Sehr gut. Sie stöhnte kurz, als er frech ihr Höschen zwischen die Lippen drückte, dabei mit einem festen Stoffstück an der Kirsche ihrer Mitte …
„Mmmmh...“ Sie schloss die Augen und öffnete dafür wieder die Beine, nachdem er den Schlüpfer endgültig über ihre Hüften gestreift hatte. Rasch drehte sie sich zu der einen Kiste, holte einen Arm voll Altkleider heraus und richtete ein provisorisches Lager.
„Wat ist? Willste durch de Buxe?“, fragte sie ihn frech. Sie konnte so entwaffnend direkt sein. Er wollte mehr als nur nicht durch die Buxe. Fing sie ein. Auch wenn sie versuchte, auf Knien lachend zu entfliehen, hatte er sie wieder mit seiner Hand an ihrem krausen Dreieck fest im Griff. Sofort presste sie ihr Becken in seine Hand. Er spürte dabei bereits die feuchte Spur, die sich abzeichnete. Seine andere Hand ertastete endlich ihre Brust, umfing sie, wie etwas unendlich Wertvolles, wie die teuersten Früchte im Paradies, machte sie wohlig stöhnen. Man sollte nicht geglaubt haben, dass dieser Mann mal bei Hans Glas mit seinen Pratzen an Landmaschinen geschraubt hatte, bei der Feinfühligkeit, die er gerade auf dem Fleisch seiner Frau bewies. Sie hörte ihn stöhnen. Vielleicht war jetzt der richtige Zeitpunkt? Sie probieren schon so lange, wenn sie diesmal …

Mit fliegenden Händen nestelte er jetzt an der Gürtelschnalle.
„Jetzt bin ick dran“, sprach sie und schob seine Hände weg. Die landeten auf ihren Brüsten. ‚Hmmmm, ja, bitte mehr! - Nein, weitermachen, die Hose muss noch weg!’
Er stieg heraus und sie zog ihm rigoros die langen Kameraden vom Leib. Verzückt betrachtete sie den anderen strammen Kameraden, dessen Umriss sie mehr ahnen, als wirklich sehen konnte in dem Dämmerlicht.
„Komm her, ick will Dir“, flüsterte sie noch ein wenig heiserer. Mehr Einladung benötigte er nicht, um sich niederzulassen, in feuchte Gebiete, während er sich vorsichtig und tief bewegte. Friedel schwanden die Sinne. Sie war erfüllt von diesem leichten Kribbeln, das Kitzeln, Flattern, die Flöhe im Leib, die nicht mehr Walzer, sondern eher Charleston tanzten. Er wollte doch tatsächlich fliehen, nein keine Flucht, anderes kitzeln, Empfindliches. Kein Entkommen für ihn, sie umschlang ihn, dass er nicht mehr auskam. Zusammen keuchen, lachen, stöhnen. Alles gleichzeitig. Bis in die Ewigkeit, die bei Wirtsleuten kurz sein konnte.

Also genau, bis jemand von außen heftig an der Schuppentüre rüttelte.
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